: EU kommt wieder mit Syrien ins Gespräch
Mit seinem Besuch in Damaskus versucht der EU-Außenpolitiker Javier Solana, die Beziehungen zu Syrien wieder zu normalisieren. Damit verbindet sich auch die Hoffnung, einen Ausweg aus der Regierungskrise im Libanon zu finden
AUS KAIRO KARIM EL-GAWHARY
Das eigentliche Politikum war das Treffen selbst. Denn mit dem gestrigen Besuch des EU-Außenbeauftragten Javier Solana in Damaskus hat die EU offiziell nach zwei Jahren ihren Dialog mit Syrien wieder aufgenommen. Die Reise diente dazu, die Beziehungen zu dem schwierigen Partner zu normalisieren und Syrien stärker in die regionale Politik einzubinden. Es sei ein guter Tag gewesen und man habe neue Kanäle geöffnet, ließ Solana nach seinem Treffen mit Syriens Präsidenten Baschar al-Assad vor den EU-Botschaftern in Damaskus vage verlauten.
Mit der Visite stellen sich die Europäer aber auch an die Spitze der diplomatischen Bemühungen, die Regierungskrise im Libanon zu lösen. Denn der Schlüssel dafür liegt in Damaskus, das immer noch großen Einfluss auf das von der Hisbollah angeführte Oppositionsbündnis hat. Dieses liegt seit vier Monaten mit der Regierung Fuad Siniora in einem politischen Clinch, der den gesamten Libanon lahmlegt.
Als Shuttle-Diplomat hatte Solana vor seiner Damaskus-Visite die libanesische Hauptstadt Beirut und anschließend das saudische Riad besucht, denn die bisherigen Fäden der Vermittlungsbemühungen zwischen der zerstrittenen libanesischen Regierung und dem Oppositionsbündnis laufen in Saudi-Arabien zusammen. Das saudische Könighaus ist mit den Hisbollah-Sponsoren Iran und Syrien sowie der libanesischen Regierung und den USA in Kontakt und versucht seit Wochen, den libanesischen Konflikt zu beenden.
Angedacht ist eine Konferenz, an der alle libanesischen Parteien teilnehmen sollen. Aber auch im Libanon selbst ist Bewegung in die verhärteten politischen Fronten gekommen. Drei Treffen zwischen dem Chef des Regierungsbündnisses im libanesischen Parlament, Saad Hariri, und dem Sprecher des Parlaments, Nabih Berri, der der Opposition und den prosyrischen Kräften zugerechnet wird, lassen hoffen.
Im Kern geht es in den Verhandlungen um die genaue Ausformung einer nationalen Einheitsregierung, in der die Opposition einen größeres Gewicht bekommt, und um die genauen Konditionen für ein internationales Tribunal im Falle des ermordeten libanesischen Expremiers Rafik Hariri. Die Opposition blockiert bisher ein solches Tribunal mit dem Argument, dass sie ein „politisiertes Verfahren“ verhindern wolle. Die Regierung wirft der Opposition vor, das Tribunal zu sabotieren, um deren Unterstützer in Syrien zu schützen, das mutmaßlich hinter dem Hariri-Mord steckt.
Der Deal, der sich abzeichnet lässt sich mit „ihr gebt uns mehr Sitze in der Regierung und wir machen Zugeständnisse beim Hariri-Tribunal“ umreißen. „Es ist einiges im Fluss, aber noch nichts entschieden“, beschreibt ein westlicher Diplomat in Damaskus die Lage.
Auffällig ist, wie schnell sich Damaskus aus der von Washington verschriebenen Isolation befreit. Zunächst trafen die Syrer vor einer Woche mit den Iranern erstmals seit 2005 in Bagdad mit hochrangigen US-Vertretern zusammen, um über die Irakkrise zu sprechen. Dann kam diese Woche mit Ellen Sauerbrey die seit zwei Jahren höchstrangige US-Diplomatin nach Damaskus, um über die irakische Flüchtlingskrise zu sprechen.
Dass Solana überhaupt wieder im Namen der EU in Syrien aktiv wird, liegt auch an einer politischen Verschiebung innerhalb der EU. Sein vor einem Jahr angekündigter Besuch in Damaskus war immer wieder verschoben worden. Vor allem der jetzt scheidende französische Präsident Jacques Chirac hatte ein Veto gegen jegliche europäisch-syrische Annäherung eingelegt. Chirac gilt als ein persönlicher Freund der Milliardärs-Familie Hariri, die auch seine Wahlkämpfe mitfinanziert haben soll.
Es ist jedoch zweifelhaft, ob Solana ein Durchbruch gelungen ist. EU-Diplomaten bezeichnen die Reise als „wenig auf konkrete Probleme bezogen“. Solanas Botschaft an al-Assad lautete: „Wenn Syrien eine konstruktive Rolle in der Region spielt, insbesondere im Libanon, dann ist der politische Boykott gegen Damaskus Geschichte.“ Dabei ist der Preis für die syrische Kooperationsbereitschaft der gleiche geblieben: Damaskus fordert die Rückgabe der von Israel seit 1967 besetzten Golan-Höhen.