: Deutsch nur mit „deutschen“ Genen
RECHTSRADIKALISMUS Mitglied einer extrem-rechten Burschenschaft leitet Firma, die exklusive Immobilen betreut. Ein Sohn chinesischer Eltern kann nach Ansicht der Verbindung kein Korpsstudent sein
Das Pressehaus am Domplatz, das Domkontor, das Gebäudeensemble „Alter Wall“, und das „Alte Klöpperhaus“ – das Unternehmen „Art Invest Real Estate“ modernisiert und saniert in Hamburg nur exklusive Immobilien. Einer der geschäftsführenden Gesellschafter ist äußerst traditionsbewusst. Rüdiger von Stengel engagiert sich als Alter Herr bei der „Alten Breslauer Burschenschaft der Raczeks zu Bonn“.
Seit Jahren versucht die Burschenschaft der Raczeks, den Dachverband „Deutsche Burschenschaft“ (DB) stärker auf rechts zu trimmen. 2011 stellten sie auf dem Burschentag in Eisenach einen Antrag, die „Burschenschaft Hansea zu Mannheim“ aus der DB auszuschließen, weil der damalige Sprecher der Hansea chinesische Eltern hatte. Dass Kai Ming Au in Mannheim geboren ist, bei der Bundeswehr gedient und Mensuren geschlagen hat, reichte den Raczeks nicht, um ihn als Deutschen durchgehen zu lassen.
Im selben Jahr versuchten die Raczeks mit einer anderen Burschenschaft zusammen, die „Liberalinskis“ aus der Führung des Dachverbands der Burschenschaften weg zu putschen. Das geht aus internen Unterlagen hervor, die der taz vorliegen.
Wes Geistes Kind die Raczeks sind, zeigt sich in Norbert Weidner, dem ehemaligen Chefredakteur der Burschenschaftlichen Blätter. In dem an eine 3stellige Empfängerzahl gerichteten internen Bundesbrief der Raczeks legte er dar, dass die Verurteilung des Widerstandskämpfers und Theologen Dietrich Bonhoeffer durch die Nazis „rein juristisch gerechtfertigt“ und Bonhoeffer „zweifelsfrei ein Landesverräter“ gewesen sei.
Fast 600 Burschenschaftler kritisierten Weidner in einem Aufruf. Ein Misstrauensantrag gegen den damaligen Chefredakteur auf dem Burschentag 2012 scheiterte jedoch. Die Minderheit verließ unter Protest die Versammlung. Die Raczeks schlossen Kritiker aus ihren eigenen Reihen aus.
Der Immobilienunternehmer Stengel hielt es bis dato nicht für nötig, aus dieser Entwicklung Konsequenzen zu ziehen. Auch die Debatte um den Burschenschafter mit chinesischen Wurzeln bewog ihn nicht, die Raczeks zu verlassen. Die Gründe lägen nicht zuletzt im Privaten, sagt er. Als sein Vater starb, sei die Burschenschaft für ihn da gewesen. Dieser „gute Geist“ würde ihn halten.
Seit dem von den Raczeks stark vorangetrieben Rechtsschwenk sank die Zahl der Mitgliedsverbände in der DB von rund 150 Burschenschaften auf etwa 75 Verbindungen – von denen knapp 20 aus Österreich sind. Deutschland wird hier größer als in den bestehenden Grenzen gedacht. ANDREAS SPEIT
Anmerkung der Redaktion: In einer ersten Version hiess es, dass Norbert Weidner in der Mitgliederzeitung der DB darlegte, dass die Hinrichtung des Widerstandskämpfers und Theologen Dietrich Bonhoeffer durch die Nazis „rein juristisch gerechtfertigt“ und Bonhoeffer „zweifelsfrei ein Landesverräter“ gewesen sei. Richtig ist, dass Norbert Weidner in einem mit einer 3stelligen Empfängerzahl gerichteten internen Bundesbrief der Raczeks darlegte, dass die Verurteilung des Widerstandskämpfers und Theologen Dietrich Bonhoeffer durch die Nazis „rein juristisch gerechtfertigt“ und Bonhoeffer „zweifelsfrei ein Landesverräter“ gewesen sei.