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Archiv-Artikel

Mieter gegen Yuppie-Zustrom

Initiativenbündnis startet Postkartenaktion gegen Yuppisierung der Szene-Stadtteile. Senat soll schnell etwas gegen hohe Mieten und immer mehr Eigentumswohnungen unternehmen

VON GERNOT KNÖDLER

Der Senat soll verhindern, dass die angestammte Bevölkerung aus den Szene-Stadtteilen vertrieben wird. Das fordert ein Bündnis von Initiativen und Vereinen – von der Bürgerinitiative Südliche Neustadt bis zu Mieter helfen Mietern. Dieser „Mieter-Innenrat“ hat 40.000 „rote Karten für Ole“ von Beust drucken lassen, die die Bewohner des Schanzen- und Karoviertels, St. Georgs und St. Paulis, Ottensens und Eimsbüttel-Süds sowie der südlichen Neustadt unterschreiben sollen. Anfang Juli sollen die Karten dem CDU-Bürgermeister mit der dringenden Bitte, zu handeln, übergeben werden.

Die Leute aus den Initiativen fühlen sich um die Früchte ihres bürgerlichen Engagements gebracht. „Alles, was diese Stadtteile so lebenswert und jetzt auch teuer macht, ist von uns durchgesetzt worden“, sagt Brigitte Abramowski vom Stadtteilarchiv Ottensen. Dazu gehört die Verkehrsberuhigung ebenso wie die Schaffung anwohnerfreundlicher Parks (Kemal-Altun-Platz) und die Erhaltung alter Häuser. Im Falle Ottensens ist es dem Widerstand der Bewohner zu verdanken, dass der Stadtteil als solcher überhaupt noch steht. Jetzt wollen sie es nicht hinnehmen, dass Spekulanten mit der hart erkämpften Lebensqualität einen Reibach machen.

Bestürzt stellen die Leute vom Bündnis fest, dass sich der Charakter ihrer Quartiere in den vergangenen Jahren stark verändert habe: Es gebe mehr Bewohner mit deutschem Pass und mehr Wohlhabende. Tatsächlich ist der Anteil der Ausländer und Sozialhilfeempfänger in diesen Gegenden zwischen 1999 und 2004 zurückgegangen: am stärksten in Altona Altstadt und St. Pauli – um jeweils 20 und 25 Prozent.

Der Senat müsse dieser Entwicklung schnellstens einen Riegel vorschieben. „Wenn das so weitergeht, wird das ein Reichenghetto, genauso langweilig wie Eppendorf“, sagt Gode Wilke vom Einwohnerverein St. Georg über seinen Stadtteil. Das sei auch vielen Eigentümern nicht recht, wie er aus Gesprächen wisse.

Das Bündnis fordert den Senat auf, die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen zu erschweren und die Mieterhöhungen bei Modernisierungen zu begrenzen. Der Mietanstieg bei Neuvermietungen müsse begrenzt werden. Stütze-Empfänger dürften nicht länger zum Umzug genötigt werden. Ihnen müsse die volle Miete bezahlt werden. Der Senat dürfe „normale“ Wohnlagen im Mietenspiegel nicht, wie bei der Koppel in St. Georg geschehen, auf „gut“ hochstufen und damit die Mieten in die Höhe treiben.

Weitere Hochstufungen würden derzeit nicht vorbereitet, versichert die Baubehörde. Verordnungen zur Erhaltung der Bewohnerstruktur seien geprüft worden. St. Georg und Ottensen hätten sich aber schon zu stark verändert. Anderswo hätten entsprechende Verordnungen nichts genutzt.