: Der Buh-Student
In Münster hat der studentische Senat mit einer Stimme Mehrheit für Studiengebühren gestimmt. Wer war’s?
Max Brüggemann bekommt zurzeit die Demokratie zu spüren. Ständig klingelt das Handy des studentischen Senatsmitglieds der Universität Münster, die Anrufer beschweren sich, drohen und schimpfen. Für sie ist er der Sündenbock, seinetwegen müssen sie vom nächsten Wintersemester an 275 Euro pro Semester an die Uni überweisen.
So kann man es sehen. Sollte man aber nicht. Die Fakten: In der vergangenen Woche stimmte der Senat der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster mit einer Stimme Mehrheit für Studiengebühren. Die Wahl war geheim, vieles deutet darauf hin, dass dies die Stimme von Brüggemann war, der als Vertreter des Rings Christlicher Demokratischer Studenten (RCDS) im Senat sitzt. Außer ihm sitzen dort aber noch 22 andere Senatoren. Somit machen es sich die Brüggemann-Hasser recht einfach, ihm allein die Schuld an den Gebühren anzulasten.
Vor der Abstimmung hatte der BWL-Student anderen StudentInnen gegenüber gesagt, dass er Gebühren für sinnvoll halte. Und es ist sein demokratisches Recht, für das zu stimmen, was er für sinnvoll hält. Zudem deckt sich seine Position mit der des RCDS-Vorsitzenden Till Kaesbach. Beide wollen allerdings nicht mit der Presse sprechen, Kaesbach „erst recht nicht mit der taz“.
Die Uni ist in jedem Fall froh über die Entscheidung. Sollen dank der Gebühren der rund 40.000 Studenten doch jedes Semester acht bis neun Millionen Euro auf dem Konto der Hochschule landen.
Einfach haben es sich die Befürworter der Gebühren nicht gemacht. Die Universität Münster ist die letzte in Nordrhein-Westfalen, die das Bezahlstudium einführt. „Schön ist das nicht, aber es muss sein“, sagt Uni-Sprecher Norbert Frie. Deswegen hätte der Senat nicht über die gesetzlich erlaubte Gebühr von 500 Euro abgestimmt, sondern über eine von 275 Euro. Frie zufolge ist Münster damit eine Ausnahme in Nordrhein-Westfalen und die günstigste Universität im Land.
Trotzdem sind die Studenten laut Thorsten Dikmann, dem Gruppensprecher der Studierenden im Senat, tief enttäuscht. Einige wollen sich an von Studenten anderer Unis angekündigten Verfassungsklagen beteiligen. „Die Diskussion geht jetzt erst richtig los“, sagt Dikmann.
Ein Blick ins Internet bestätigt das. Auf der Internetplattform StudiVZ beschimpfen sich Brüggemanns Anhänger und Befürworter – allerdings nur bis Freitagnachmittag. Da wurde das Profil des Studenten gesperrt, ein gleichnamiges gelöscht.PATRICK HEMMINDER