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Archiv-Artikel

Mehr als nur T-Shirt- und Wurstkäufer

ENGLAND Die Labour-Partei kündigt an, im Falle eines Wahlerfolgs 2015 den Fußball zu retten

LONDON taz | Die Ligen des englischen Fußballes können sich eigentlich nicht beklagen, denn die Stadien zu Lande sind proppenvoll, und in Sachen Fernsehübertragung stehen sich die verschiedenen Sender für milliardenteuer Deals die Füße platt. Bald mag hier die Sieben-Milliarden-Euro-Hürde überschritten sein.

Arsenal für 123 Euro

Doch es gibt auch ein anderes Gesicht des Fußballs auf den Britischen Inseln. Für manche ist Fußball kaum mehr erschwinglich, Durchschnittspreise für Spiele der ersten und zweiten Liga liegen bei etwa 27 Euro. Bei Arsenal etwa kostet ein Ticket sogar 123 Euro, übrigens 36 Euro weniger als in der letzten Saison, eine Jahreskarte 1.280 Euro oder 2.450 Euro mit Cupspielen. Seit 2011 haben sich die Kartenpreise laut dem BBC-Sports-Fußballkartenindex um 13 Prozent erhöht, das ist doppelt so hoch wie die Lebenshaltungskosten. Für so manche Familie ist das unerschwinglich.

Dazu kommt, dass die Karten keineswegs einer Mitgliedschaft gleichen, wie es in der Bundesrepublik oft der Fall ist. Manche Klubs werden bis zu hundert Prozent von den Besitzern verwaltet. Fans haben dabei kein Mitbestimmungsrecht, auch wenn sie schön ihre Eintrittskarten kaufen sollen, das neue T-Shirt und die Wurst im Stadion. Nur einige Zweitligisten, darunter Vereine, die durch private Besitzer fast zugrunde gerichtet wurden, werden inzwischen von Fans gemanagt. Seit 1992 sind mit der zunehmenden Privatisierung der Klubs ganze 36 Vereine Konkurs gegangen. (Als Manchester United an die Glazer-Familie verkauft wurde, bestanden die neuen Besitzer sogar auf die Ausgliederung der Fangemeinschaft aus jeglichen Entscheidungsgremien, denn einige der Fans sprachen sich offen gegen die Übernahme des Klubs aus.)

Das Fehlen jeglicher Stimme führte außerdem zu spektakuläreren Entscheidungen, wie dem Umzug des Klubs Coventry, weit weg von der Fanstammgemeinde, oder der Abänderung der Mannschaftsfarben, wie in Cardiff und Hull, weil die neuen Farben den Traditionen der Investoren in Übersee mehr zusagten.

Mit einem Wahlversprechen für die im Mai 2015 bevorstehenden Landeswahlen will nun die Labour-Partei dem allgemeinen Fehlen jeglichen Mitspracherechts der Fußballfangemeinschaften in Großbritannien entgegenwirken. Neben der Garantie eines Existenzlohnes für alle im Fußball Angestellten und faireren Kartenpreisen, die gerechter zugänglich sein sollen, versprach die Labour-Partei Gesetzesänderungen, die Fans bis zu einem Viertel der Vorstandsitze reservieren sollen. Außerdem sollen Fans bei der Übergabe eines Klubs an neue Besitzer bis zu 10 Prozent der Aktien angeboten werden.

Bei mehrfachen Eigentumsübergaben an Fans solle es aber eine Obergrenze für Fans geben, „damit Vereine weiterhin attraktiv für Investoren bleiben“.

Jon Crudas, zuständig für die Labour-Parteistrategie, gab an, den Fans eine stärkere Stimme verleihen zu wollen. Man müsse „die Machtkonzentrationen in Klubs aufbrechen“.

Sportsministerin Helen Grant gab an, dass auch die Koalitionsregierung besorgt und verärgert über die sich stets erhöhenden Kartenpreise sei. Im Gegensatz zu Labour will sie eine Expertengruppe gründen, die dafür sorgen soll, dass Vereine mehr Pflichtgefühl gegenüber Fans entwickeln. DANIEL ZYLBERSZTAJN