VERSTECKTER SEE
: Wildes Brandenburg

Gesucht: ein Geheimsee, wo keiner nervt

Ein See musste her. Schlachtensee, Teufelssee, Plötzensee – alles Mainstream. Zum Glück hatte mir Georg zum Geburtstag dieses Buch geschenkt: „Baden in und um Berlin“. Mit ganz vielen Wegbeschreibungen und Erläuterungen zu großen und kleinen Seen. Eigentlich komisch, dass ein zugezogener Ösi einer Urneuköllner Pflanze einen Berlin-Reiseführer schenkt.

Wir durchsuchten das Buch nach einem See mit folgenden Merkmalen: kein großer Sandstrand, mit öffentlichen Verkehrsmitteln schlecht zu erreichen und möglichst kinderunfreundlich. Ein kleiner Geheimsee mit Waldufer, wo keiner nervt. Und wir fanden ihn. Als wir den Namen bei Google Maps eingaben, gab es ihn gar nicht. Ein See, den Google nicht kennt – perfekt. Auf der Satellitenaufnahme sah man ihn natürlich, aber das muss man ja erst mal wissen. Wir fuhren los. Zu viert. Ich hatte mir erst am Tag zuvor ein neues Fahrrad gekauft, und ich nannte es Black Beauty. Ich hatte die Markensticker abgekratzt, und jetzt war es schön schwarz und so elegant wie eine Elfe, für 199 Euro. Wir fuhren durch Zeesen und machten Witze über Brandenburg. Es gab viele spießige Vorgärten, und wir lachten und zeigten auf sie und sagten: Guck mal, wie hässlich.

Manchmal lagen da Leute auf Liegestühlen, aber weil sie so dick und faul waren und wir sowieso viel schneller, verfolgte uns keiner. Um zum See zu kommen, musste man durch Matsch durch, Natur halt. Wir suchten uns eine schöne Stelle und freuten uns über das Leben. Irgendwo war ein FKK-Campingplatz. Deswegen liefen manchmal nackte Männer an uns vorbei. An Brandenburger Seen herrschen andere Körperideale. Alle Männer hatten Hängetitten und eine Wampe, so dick, dass man den Schwanz nicht sehen konnte. Männer mit Brüsten und ohne Penis – total queer eigentlich. Du schönes, wildes Brandenburg.

MARGARETE STOKOWSKI