NICHT NUR IN ECUADOR TOBT DER MACHTKAMPF
: Neue Akteure gegen alte Eliten

In Ecuador, Bolivien und Venezuela stehen die Verfassungen zur Überarbeitung an. Es geht um die grundgesetzliche Neuverteilung der Macht in den drei Ländern. Die neuen Akteure, die bisher von der politischen und sozialen Bühne ausgeschlossen Indigenas, Campesinos, Landlosen und Armen drängen ins Rampenlicht. Die alten Akteure, die jahrhundertlang herrschenden, vor allem weißen Eliten, krallen sich an ihre Pfründen und Privilegien. Alle drei Regierungen versuchen, die Änderungen auf demokratischem Weg zu erreichen.

Am leichtesten hat es dabei Venezuelas Präsident Hugo Chávez. Chávez forderte schon bei seiner Amtseinführung im Januar, die Verfassung, die bereits zum zweiten Mal während seiner Regierungszeit überarbeitet wird, solle zukünftig die unbegrenzte Wiederwahl des Präsidenten zulassen. Hier ist der Machtkampf vorerst entschieden. Der Kongress setzte umgehend eine entsprechende Kommission ein. Kein Wunder, die Opposition blieb den letzten Wahlen fern, im Parlament sitzen nur Chávisten.

Der bolivianische Amtskollege Evo Morales hat es schwerer. Zwar wählte die Bevölkerung eine verfassunggebende Versammlung, aber die Präsidentenpartei verfügt nur über die einfache Mehrheit. Ein halbes Jahr tobte der Streit darüber, ob über die Reform mit einfacher oder Zweidrittelmehrheit abgestimmt werden soll. Inhaltlich ging es fast nicht voran, bedauerten Kritiker. Stimmt nicht. Es geht um den ganz großen Inhalt: Wer hat das Sagen, und wer profitiert vom Reichtum.

In dieses Szenario reiht sich seit Januar Ecuador ein. Präsident Rafael Correa hat im Kongress keinen eigenen Abgeordneten. Kein Wunder, dass er gleich die Bevölkerung zu Wort kommen lassen wollte. Dabei geht es nur um die Frage, ob überhaupt eine verfassunggebende Versammlung eingerichtet werden soll oder nicht. Mehr kann sich Correa noch nicht trauen. Das Machtkorsett wird in Ecuador noch immer von den alten Eliten geschnürt. Mit dem Rauswurf der oppositionellen Mandatsträger aus dem Parlament ist es jetzt gesprengt. JÜRGEN VOGT