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Archiv-Artikel

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NIEDERSACHSEN Auf der Suche nach der Oppositionsrolle setzt die CDU auf Schmuddelvorwürfe und Neiddebatten. SPD-Regierungschef Weil spricht von „Rufmord“, Richter beklagen „Verfolgermentalität“

HANNOVER taz | Die oppositionelle CDU in Niedersachsen will die Dienstwagenaffäre des ehemaligen grünen Staatssekretärs Udo Paschedag aufwärmen. Heute entscheidet der Staatsgerichtshof in Bückeburg, ob die rot-grüne Landesregierung den Christdemokraten rund 4.000 geheim gehaltene Aktenblätter zur Verfügung stellen muss, die den einstigen zweiten Mann im Landwirtschaftsministerium nochmals belasten könnten.

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) hatte Paschedag im August 2013 aus der Regierung geworfen: Als Dienstwagen hatte der Exstaatssekretär ausgerechnet Audis Spitzenmodell A8 (aktueller Preis: ab 76.700 Euro) geordert. Vorgesehen war nur ein Mittelklassewagen; selbst der grüne Minister Christian Meyer begnügte sich mit einem VW Jetta.

Außerdem ließ sich Paschedag eine Klimaanlage ins Büro bauen und beharrte auf einer höheren Besoldung: Statt 10.522 Euro kassierte der Grüne so 11.286 Euro im Monat. Zwar beschäftigt der Skandal einen Untersuchungsausschuss. Ein Disziplinarverfahren wollte die Landesregierung aber nicht einleiten.

Trotzdem zeigt die CDU-Klage, dass die Partei auch eineinhalb Jahre nach dem Machtverlust in Niedersachsen auf der Suche nach der Oppositionsrolle ist: Einsicht verlangt sie auch in die Terminkalender von Paschedag, Meyer und Weil – und will wissen, wer mit wem telefoniert hat. Staatsgerichtshofspräsident Herwig van Nieuwland hat aber klargemacht, dass er dies für nicht einklagbar halte.

Überhaupt scheint das Verhetzungspotenzial von Dienstwagenaffären die Christdemokraten zu faszinieren: Der grünen Landesjustizministerin Antje Niewisch-Lennartz werfen sie vor, den Chef der Landesschulbehörde, Ulrich Dempwolf, wegen unerlaubter Nutzung seines Dienstwagens wie einen „Schwerverbrecher“ zu verfolgen – Dempwolf ist CDU-Mitglied. Hannovers Landgerichts-Präsident Rolf Guise-Rübe werde trotz ähnlicher Vorwürfe geschont, weil er „ein Duzfreund“ des Justizstaatssekretärs Wolfgang Scheibel sei.

Mit seiner Kritik, Guise-Rübe habe mit seinem Dienstcomputer Erotikseiten aufgerufen, scheint CDU-Fraktionsgeschäftsführer Jens Nacke aber ein Eigentor geschossen zu haben: Nicht nur der Richter bestreitet die Vorwürfe, nicht nur Regierungschef Weil spricht von „Rufmord“. Auch die Präsidenten aller obersten Gerichte Niedersachsens beklagen die „Verfolgermentalität“ der CDU. ANDREAS WYPUTTA