„Reale Rollenvorbilder“
FACHTAG GRUNDSCHULPÄDAGOGIK Auch Männer gehören zur Vielfalt, die Kinder in der Schule erleben sollten
taz: Herr Fantini, der Fachtag fordert mehr männliche Grundschullehrer, um den Frauen die Rektorenposten wegzunehmen?
Christoph Fantini: Die Vorstellung entspricht nicht mehr der Bremer Realität. Hier sind gerade mal 17 Prozent der Grundschulleiter männlich. Das ist fast dasselbe Verhältnis wie insgesamt: Da haben wir 88 Prozent Lehrerinnen gegenüber zwölf Prozent Männern.
Ist das schlimm?
Das wohl nicht. Aber unsere Überzeugung ist, dass SchülerInnen die Vielfalt der Gesellschaft auch im Personal erleben sollten. Dazu gehören auch Männer – und nicht nur der eine Mann.
Und wozu?
Kinder entwickeln in diesem Altersabschnitt ihre geschlechtliche Identität. Dafür brauchen sie reale Rollenvorbilder – nicht die oft unflexiblen der Medien.
Das ist aber empirisch kaum belegt?
Es gibt eine ganze Reihe entwicklungspsychologischer Studien, die zeigen, dass es vor allem Jungs, die ohne reale männliche Vorbilder aufwachsen, schwerer fällt, ihre geschlechtliche Identität zu finden.
Statistisch müsste allerdings auch das Missbrauchsrisiko steigen – laut Bericht des runden Tischs zum Thema sind 87 Prozent der Täter männlich …
… aber bestimmt nicht 87 Prozent der Täter Grundschullehrer!
Stellen muss sich die Frage aber doch, wer ein Projekt „Männer in die Grundschule!“ nennt?
Natürlich ist es wichtig, das Thema nicht im Tabubereich zu belassen. Und gerade in der Grundschule spielen Nähe und Distanz eine wichtige Rolle: Der Körperkontakt zwischen LehrerInnen und SchülerInnen, eine Berührung muss möglich sein.
Klar.
Der Umgang damit muss qualifiziert gelernt werden. Aber auch dabei ist der verbreitete Pauschalverdacht gegen Männer, die sich bewusst für diesen spannenden und wichtigen Job entscheiden, völlig unangebracht. Ich fürchte, er lässt auch viele vor der Berufswahl zurückschrecken. INTERVIEW: BES
Grundschullehrer – ein Beruf auch für Männer! Fachtag über die Bedeutung von Männern in Bildung und Erziehung, 13.30 - 19.30 Uhr, Haus der Wissenschaft. Weitere Infos: www.lis.bremen.de
