piwik no script img

Archiv-Artikel

Bremer Frauen sind arm dran

Diskriminierung Die Arbeitnehmerkammer legt in ihrem Armutsbericht dar, warum es Bremerinnen auf dem Arbeitsmarkt besonders schwer haben

Gerade in Bremen gibt es viele gut bezahlte „Männer-Jobs“

von Eiken Bruhn

Frauen sind häufiger arm als Männer – vor allem in Bremen. Warum dem so ist und wie es sich ändern ließe, erklärte gestern die Arbeitnehmerkammer bei der Vorstellung ihres jährlichen Armutsberichts. „Naturgegebene Eigenschaften“ von Frauen seien nicht verantwortlich dafür, dass sie weniger verdienen als Männer, machte gleich zu Beginn die Geschäftsführerin der Arbeitnehmerkammer, Elke Heyduck, deutlich. „Frauen wird zugeschrieben, dass sie besser mit Kindern können, und wenn sie Erzieherin werden, dann bekommen sie halt weniger Geld.“ Für einen Mann gelte dies nicht: „Wenn der seinen Neigungen nachgeht und einen technischen Beruf wählt, bekommt er mehr.“ Es sei nicht einzusehen, warum es Lohn steigernd sein soll, auf dem Bau schwere Lasten zu heben, nicht aber in der Altenpflege, so Heyduck.

Eine Forderung der Kammer an Gewerkschaften und Arbeitgeber: gerechtere Lohnstrukturen. Die Tarif-Ungleichheiten hätten gerade in Bremen große Auswirkungen, da es hier viele gut bezahlte „Männer-Jobs“ gebe, etwa bei Airbus, Daimler und den Stahlwerken, so Heyduck. Gleichzeitig setze die Politik auf den Ausbau von schlecht bezahlten Dienstleistungsberufen – traditionell eine Frauendomäne.

Die Ungerechtigkeit beginne in der Ausbildung, erklärte der Kammerpräsident, Peter Kruse. Während es in den „Männerjobs“ oft gute Ausbildungsgehälter gibt, fallen diese in den „Frauenberufen“ deutlich niedriger aus. Oder ganz weg, wenn es eine schulische Ausbildung ist – die bezahlt werden muss. Beschäftigungsprogramme, die Mädchen für „Männerjobs“ begeistern sollen, seien meist erfolglos, so Kruse. „Das nehmen die nicht an.“

Dass auch Mädchen mit Hauptschulabschluss oder ganz ohne Abschluss keine Chance auf eine Ausbildung haben, darauf machte Thomas Schwarzer, Referent für kommunale Sozialpolitik der Arbeitnehmerkammer, aufmerksam. Im Land Bremen sind dies ein Viertel der Schulabgängerinnen. „Da kann von Bildungsvorteil keine Rede sein.“

Genauer angeguckt hat die Arbeitnehmerkammer auch die Beschäftigungsquote. So ist diese zwar bei den Bremer Frauen von 54,4 Prozent im Jahr 2005 auf 60 Prozent im Jahr 2008 gestiegen. Das sei aber immer noch sechs Prozent weniger als der Bundesdurchschnitt, so die Geschäftsführerin Heyduck. Und: „Die Arbeit ist nicht mehr geworden, die teilen sich das gleiche Arbeitsvolumen.“ Die Folge: In Bremen sind nur halb so viele Frauen wie Männer in Vollzeit beschäftigt, rund 90.000 Frauen in Teilzeit oder geringfügig in den so genannten Minijobs, die in Bremen besonders weit verbreitet sind. Nach Einschätzung der Arbeitnehmerkammer will zwar ein Teil der Frauen nicht voll arbeiten, etwa wegen Kindern, 20 Prozent der 2009 für eine Studie des Bundesamts für Statistik befragten Frauen würden aber gern mehr arbeiten. Erzwungene Teilzeit ist für beide Geschlechter ein Problem: Bei den Männern wünschten sich sogar 40 Prozent mehr Arbeit.

Minijobs gehörten deshalb abgeschafft, fordert die Arbeitnehmerkammer und plädiert für die Einführung eines Mindestlohns. Und: Bremen müsse mehr Ganztagsangebote für Kinder schaffen, damit Mütter arbeiten können. Bremen setze dabei aus Spargründen auf Tagesmütter, so der Sozialreferent Schwarzer. Ein typischer Frauenjob: „Die sind billiger und schlechter qualifiziert.“