Generalprobe für G 8

AUS BAD DOBERAN HEIKE HAARHOFF

Akkurat geschnittener Rasen, alte Laubbäume, saubere Fußwege, in der Mitte ein Pavillon. Der Kamp, ein Park im Zentrum von Bad Doberan, ist ein friedlicher Ort. Bewusst haben die Aktivisten der „Kampagne Block G 8“ diese Kulisse am Dienstag für ihr letztes öffentliches Blockadetraining vor dem G-8-Gipfel gewählt: „Unser Ziel ist, uns der Bevölkerung zu zeigen. Wir wollen Bedenken darüber ausräumen, wer wir sind und was wir wollen“, sagt Lea Voigt, die für Block G 8 aus Bremen angereist ist.

Doch die Bevölkerung bleibt fern. Außer ein paar Journalisten und drei Polizisten ist kaum jemand gekommen. Voigt erzählt: von 10.000 Aktivisten, die ab dem 6. Juni rund um die Uhr die Zufahrtsstraßen zum G-8-Treffen im Doberaner Ortsteil Heiligendamm blockieren würden. 10.000 Menschen allein für Blockaden – das ist fast so, als gingen sämtliche Einwohner von Bad Doberan geschlossen auf die Straße. Diese Vorstellung, das ist den Gipfelgegnern zu Ohren gekommen, mache vielen Einheimischen Angst.

Aber es gehe nicht anders, findet Christoph Kleine, ein weiterer Block-G-8-Sprecher, wenn man sich „dieser mit feudalem Aufwand betriebenen Inszenierung der Macht“ entgegenstellen wolle. Dolmetscher, Catering-Zulieferer, Fachreferenten, sie alle sollten, wenn möglich, auf den Straßen aufgehalten werden. Und zwar so „effektiv und dauerhaft“ wie möglich. Mit einer Einschränkung, mahnt Kleine: „Unsere Ziele sind weder Gewaltausübung noch Schlägereien.“

Wie das gehen soll, führen die G-8-Blockierer im Rollenspiel vor. Sie teilen sich dazu in zwei Gruppen auf – je ein Dutzend Demonstranten und Polizisten. In diesem Moment setzt ein Platzregen ein. Die G-8-Gegner beweisen ihr Talent, eine plötzlich eskalierende Lage zu erkennen und sie zu ihrem Vorteil zu wenden: In null Komma nichts erobern sie die raren trockenen Plätze unter dem Pavillon-Vordach für sich. Nass werden nur die Journalisten und die Polizisten. „Wichtig für die Packliste: Regensachen“, ruft Voigt fröhlich von unter dem Vordach her.

Weil es nun ungemütlich wird, gerät die Generalprobe für die Straßenblockaden zum Schnelldurchlauf. „Sitzblockade“, befiehlt Voigt, und schon sitzen die Blockierer mit angewinkelten Knien und davor verschränkten Händen dicht beieinander auf dem Boden. Eine Frau singt leise: „Keiner, keiner schiebt uns fort“. Als die Polizistendarsteller anrücken, lassen sich einige als „Päckchen“ – Arme und Hände um den zusammengekauerten Körper wie verschnürt – forttragen, andere als „nasser Sack“. Dabei gilt es, sich möglichst schwer zu machen und Arme und Beine weit von sich zu strecken, damit die Polizisten beim Wegtragen so richtig ins Schwitzen kommen.

Um das zu vermeiden, hat die Polizei Blockierern bereits mehrfach gedroht, sie tagelang wegzusperren. Das sei Unsinn, stellt Lea Voigt richtig. Denn vorigen Freitag habe das Landgericht Lüneburg diese Pläne für nicht rechtens erklärt: In einem ähnlichen Fall aus Gorleben aus dem Jahr 2001 urteilte das Gericht, dass die Teilnahme an einer verbotenen Versammlung nur eine Ordnungswidrigkeit sei, die tagelanges Festhalten nicht rechtfertige.

In Bad Doberan ist der Platzregen in hartnäckigen Landregen übergegangen. Bei der Vorführung der Stehblockade – jeder hakt jeden unter und bildet so eine Kette quer über die Straße – bequemen sich die G-8-Blockierer dann doch auf die aufgeweichte Wiese – der besseren Fotos wegen. „Block, block, block G 8“, rufen sie, bevor auch sie sich wegtragen lassen.

Dann ist Schluss. Mehr, sagen die Organisatoren, werde heute „aus taktischen Gründen“ nicht verraten. Ein paar Überraschungen wolle man sich für die nächste Woche aufheben. „Embedding“ für interessierte Journalisten sei dann übrigens möglich, wetterfeste Kleidung vorausgesetzt.