: Schlossherren allein im Haus
Die Debatte um eine temporäre Kunsthalle auf dem Schlossplatz ruft Freunde des Humboldt-Forums auf den Plan. Sie befürchten, dass eine Kunstzwischennutzung den Baubeginn erneut verzögert
VON NINA APIN
Anhänger des Humboldt-Forums machen gegen eine temporäre Kunsthalle auf dem Schlossplatz mobil. Sie befürchten, dass durch eine Kunstzwischennutzung die öffentliche Akzeptanz für das geplante Museumszentrum schwindet und den Baubeginn hinauszögern könnte. Klaus-Dieter Lehmann, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, forderte gestern öffentlich die Errichtung einer Infobox, die mit wechselnden Ausstellungen für das Humboldt-Forum werben solle. Die Kunst, so Lehmann, brauche keine „Eintagsfliegen“, sondern eine feste Kunsthalle, am besten neben dem Hamburger Bahnhof.
Für einen zügigen Bau des Humboldt-Forums und eine Kunsthalle am Hamburger Bahnhof sprachen sich auch Politiker wie SPD-Landeschef Michael Müller und die Grünen-Kulturexpertin Alice Ströver aus. Hannes Swoboda, früherer Vorsitzender der Internationalen Expertenkommission zur Neugestaltung des Schlossplatzes, beschuldigte indes den Senat, den vom Bundestag beschlossenen Wiederaufbau des Stadtschlosses nicht energisch genug zu unterstützen. Wer das Humboldt-Forum wirklich wolle, sagte Swoboda, solle es auch vorantreiben und als Zwischennutzung nicht mehr als eine grüne Wiese dulden.
Die Wiese hatte der Senat zur Überbrückung zwischen Palastabriss und Humboldt-Forum geplant. Doch nachdem das Bundesbauministerium den Neubau auf 2010 vorzog, lohnt das aufwändige Säen eines Rasens kaum. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) und sein Kulturstaatssekretär André Schmitz begeistern sich stattdessen für eine spektakuläre Kunsthalle in Wolkengestalt. Obwohl bislang weder Baukosten noch konkrete Realisierbarkeit bekannt sind, erhielt die Idee eines modernen Kunstmuseums auf Zeit viel Beifall aus Kultur und Politik.
Trotz des Protests der Schlossfans will Kulturstaatssekretär André Schmitz an der Zwischennutzungskunsthalle festhalten. „Es gibt keinen Grund für das Land Berlin, ein Geschenk in Form einer privat organisierten attraktiven Zwischennutzung abzulehnen“, sagte Schmitz’ Sprecher Thorsten Wöhlert der taz. Eine temporäre Kunsthalle auf dem Schlossplatz gefährde weder den Bau des Humboldt-Forums, noch sei sie eine Alternative zu einer permanenten Kunsthalle für Berlin. Heute empfängt Schmitz die Initiative White Cube Berlin, die mit einem weißen Würfel samt privatem Finanzierungskonzept eine Alternative zur Wolke erarbeitet hat.
Den plötzlichen Gegenwind aus dem Abgeordnetenhaus führt er auf mangelnde Information zurück. „Da werden derzeit verschiedene Debatten vermengt.“ Ein Missverständnis war wohl auch die Äußerung von Exkultursenator Thomas Flierl (Linkspartei), er sei gegen die temporäre Kunsthalle. „Das stimmt nicht“, betonte Flierl gestern. „Ich befürworte eine dauerhafte Kunsthallenlösung und den schnellen Bau des Humboldt-Forums. Eine temporäre Kunsthalle schließt das nicht aus.“ Eine friedliche Koexistenz befürworten auch Coco Kühn und Constanze Kleiner von White Cube Berlin. „Der Schlossplatz ist groß genug für Humboldt-Box, Kunsthalle und einen Rasen. Wenn gebaut wird, verschwinden alle drei.“