: Schützenfest war gestern
VON MARKUS VÖLKER
Genauso hatte es den Designern dieser WM vorgeschwebt: beflaggte Autos am Berliner Olympiastadion, Familien in Kirmeslaune, bemalte Gesichter wie beim Kindergeburtstag, Zuschauer, die sich ganz fest vorgenommen haben, Frauenfußball klasse zu finden – und eine deutsche Nationalmannschaft, die so spielt wie vor Jahresfrist Jogis Burschen am Kap. Sogar die belanglose Eröffnungsfeier ertrugen die Fans mit Fassung und ließen die Welle durch das Stadion rollen.
Und um die dufte Stimmung nicht zu stören, wurde sogar die Anwesenheit von Fifa-Boss Joseph S. Blatter verheimlicht. Das hätte ja auch schlimme Pfiffe und Buhs provozieren können.Das deutsche Team machte es den 75.000 Fans aber auch leicht, in jubelnde Stürme der Begeisterung auszubrechen. Es nutzte seine Chancen in einem überraschend ausgeglichenen Spiel mit größerer Effizienz als die Kanadierinnen, Platz 6 der Weltrangliste, die es zum Schluss sogar noch einmal spannend machten. Vor allem aber musste man sich zu keinem Zeitpunkt darum sorgen, ein Schützenfest zu erleben wie etwabeim Auftaktspiel 2007, das 11:0 gegen Argentinien ausging.
Die alte Diskussion konnte gar nicht erst aufflammen: Ist Deutschland, Weltmeister von 2003 und 2007, allen anderen Teams zu weit enteilt? Wird dem Turnier die Ausgeglichenheit fehlen? Dieses Mal scheint es wesentlich mehr Mannschaften zu geben, die auf einem Niveau kicken. Das kann nur gut sein für ein Turnier, das von der Spannung lebt; die Fans wollen kein 8:0 oder 7:1. Warum lieben die Fußballfans dieses Spiel? Ganz einfach: Weil man nicht weiß, wie es ausgeht. Das ist, nach dem unverstellten, echten Jubel der Fans, die zweite gute Nachricht dieses Tages.