Flüchtlinge im Winter ungeschützt

PROTEST II Polizisten hoffen, dass die Kälte die Flüchtlinge von Hannovers Weißekreuzplatz vertreibt

„Es drohen Abschiebungen in ein islamistisch regiertes Land“

Kai Weber, Flüchtlingsrat

In Hannover erhöht die Polizei den Druck auf die Demonstranten des Flüchtlingscamps am Weißekreuzplatz. Ihnen sei verdeutlicht worden, dass jede „bauliche Veränderung“ zur Vorbereitung auf die kalten Wintermonate zur sofortigen Räumung der Zelte führen werde, sagten Sprecher der aus dem Sudan stammenden Menschen bei einer Pressekonferenz. „Nicht einmal Löcher in den Zelten dürfen wir mit Planen abdecken“, klagten sie. Sollte es ohne Strom und Heizung zu Krankheiten kommen, liege die Verantwortung bei Polizei und Politik.

Zwischen 40 und 80 Flüchtlinge halten einen Teil des nur wenige hundert Meter vom Hauptbahnhof entfernten Platzes seit Mai besetzt. Sie demonstrieren für ein Ende der Abschiebungen in das Bürgerkriegsland Sudan – schließlich wird Staatspräsident Umar al-Baschir wegen Völkermordes, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen vom Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag per Haftbefehl gesucht.

Für sich selbst fordern sie die Anwendung des Paragrafen 23 des Aufenthaltsgesetzes, nach dem die Landesregierung aus humanitären Gründen „bestimmten Ausländergruppen eine Aufenthaltserlaubnis“ erteilen kann. Allerdings wäre dazu die Zustimmung von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) nötig. In Niedersachsen leben viele Menschen aus dem Sudan, da alle Flüchtlinge aus dem Land durch die Erstaufnahmeeinrichtung Braunschweig geschleust werden.

Die rot-grüne Landesregierung könne „nicht so tun, als ginge sie die Situation der Sudanesen nichts an“, sagt auch Kai Weber, Geschäftsführer des Flüchtlingsrats Niedersachsen. Ein „willkommenes Signal“ wäre eine entsprechende Bitte an das Bundesinnenministerium – denn das agiere, „als gäbe es keine islamistische Regierung im Sudan“.

Bisher verweisen die Beamten von Niedersachsens SPD-Innenminister Boris Pistorius allerdings lediglich auf die Zuständigkeit von Polizei und Ausländerbehörden. Der Bund werde jede Anwendung des Paragrafen 23 sowieso blockieren, sagt auch die Ex-Landeschefin der Grünen, Julia Willie Hamburg: „Eine derartige Regelung ist zurzeit leider nicht möglich.“  WYP