: „Ich traue niemandem mehr über den Weg“
Der grüne Sportpolitiker Ewald Groth fordert eine einjährige Rennpause für Profiradler – und den Ausstieg des TV
EWALD GROTH, 53, ist sportpolitischer Sprecher der Grünen im Düsseldorfer Landtag. Der Hauptschullehrer lebt in Bochum
taz: Herr Groth, in den vergangenen Jahren waren Sie selbst häufig Gast bei Radrennen in NRW. Gehen Sie nach den Doping-Geständnissen in diesem Jahr noch hin?
Ewald Groth: Nein. Zumindest nicht dahin, wo Berufssportler mitfahren. Ich möchte, dass wir alle Profirennen in Deutschland für ein Jahr aussetzen, und dass in dieser Zeit auch kein deutscher Profiradfahrer bei internationalen Veranstaltungen startet. Nur so kann ein klares Zeichen gesetzt werden, dass der Anti-Doping-Kampf ernst gemeint ist. Für meinen Geschmack wird derzeit zu viel mit einem Augenzwinkern hingenommen.
Also keine Deutschland-Tour, keine Kirmesrennen mit Stars, keine Beteiligung von T-Mobile und Gerolsteiner bei der Tour de France?
Und keine Fernsehübertragungen. Erst wenn der Radsportverband so etwas beschließt, würde ich ihm glauben, dass er seinen Laden ernsthaft aufräumen möchte. Vorher traue ich da niemandem über den Weg, schon gar nicht Rudolf Scharping.
Warum misstrauen Sie dem Radsportpräsidenten?
Weil er Erik Zabel schon jetzt bei der Bayern-Rundfahrt wieder applaudiert hat. Auch ich habe Respekt vor dem Geständnis von Zabel – aber wenn er wirklich nur einmal gesündigt hat und jetzt allein sauber unter Dopern fährt, dann muss er konsequenterweise ein Zeichen setzen und aufhören.
Sie halten nichts von einer Amnestie für Doper?
Nicht in dem Sinne, dass Sportler straffrei gesetzt werden. Es muss nicht jedes Vergehen automatisch zu einer lebenslangen Sperre führen, aber es kann nicht nichts geschehen.
Der Bundestag hat in dieser Woche ein Anti-Doping-Gesetz beschlossen, das Staatsanwaltschaften verstärkt in die Fahndung einbezieht. Ist das ein richtiger Schritt?
Das Gesetz ist ein Scherz. Ermittelt werden darf nur nach dem Arzneimittelgesetz, das greift viel zu kurz. Was wir brauchen ist ein Straftatbestand Wirtschaftsbetrug im Sport – schließlich werden Konkurrenten um Siegprämien gebracht. Das Geld muss wieder eingezogen werden können. Es dürfen nicht nur die Pfleger und Ärzte, sondern auch die Sportler strafrechtlich sanktioniert werden.
Wenn Sie eine Rennpause im Radsport fordern, könnten Sie genauso gut andere Doping-Sportarten wie Skilanglauf oder Leichtathletik verbieten. Wer soll so etwas durchsetzen?
Als nächstes sind ja die Zehnkämpfer unter Verdacht. Ich könnte mir vorstellen, dass der Deutsche Olympische Sportbund mit seinen Fachverbänden eine Selbstverpflichtung eingeht: Es müsste eine Komission geben, die bei regelmäßig auftretenden Dopingfällen den Wettkampfbetrieb außer Kraft setzt. Ein solches Gremium müsste dann natürlich so besetzt werden, dass keine Radsportler über den Radsport und keine Leichtathleten über die Leichtathletik entscheiden. Für den Sportbund wäre das einmal eine lohnende Aufgabe – bisher hat er sich in der Dopingdebatte ja nicht gerade mit Ruhm bekleckert.
Generaldirektor des Sportbunds ist Ihr Parteifreund Michael Vesper. Sehen Sie in ihm einen Verbündeten oder einen Gegner?
Eher einen Verbündeten. Wir sind nicht in allen Punkten einer Meinung, aber ich glaube, dass man ihn überzeugen könnte. Leider heißt das nicht, dass der ganze Verband dann unsere Position übernimmt. INTERVIEW: KLAUS JANSEN