UrDrüs wahre Kolumne
: „Danke, Arschloch!“

Wenn Berufsjugendliche aus dem gewerkschaftlichen Umfeld heute noch in kollektiver Betroffenheitsmimik mit einem Pappsarg durch die Straßen wuseln, um das Werftensterben oder den Rückgang bei Ausbildungsplätzen zu thematisieren, hat das immerhin einen assoziativen Erinnerungswert an jene Zeit, als noch SDAJ-Truppen als „Rote Kneifzangen“ Agitprop-Theater machten. Gern hüllte man sich bei solchen Übungen in schwarze Bratenröcke, stopfte das Hemd mit Kissen zum kapitalistischen Schmerbauch aus und deckelte den zumeist langhaarigen Schopf noch mit dem original Dagobert-Duck-Zylinder. Wenn aber, wie jetzt in Bremen, solch abgestandene Aktionsform aus dem Museum des platten Symbolismus in Schwarz zu Chopin-Klängen von Ganz-in-echt-Unternehmern gegen den Kanzler der Bosse strapaziert wird, ist das nicht mehr nostalgisch, sondern nur noch peinlich. Solcherlei Gedankenarmut, sie weist den Kenner geschichtlich-ökonomischer Gesetzmäßigkeiten mit Nachdruck darauf hin, dass der tendenzielle Fall der Profitrate nicht nur mit sozialer Verelendung verbunden ist. Ihr dauert mich!

Prinzipiell dauern mich auch jene verkrachten Existenzen, die einst ins Leben traten, um Literaturwissenschaftler, Spitzensportler oder Physik-Nobelpreisträger werden zu wollen und jetzt ihr Studienrats-Dasein als Fachbereichsleiter Deutsch und Englisch, als Turnlehrer oder Physikpauker fristen müssen. Im positivsten Falle werden sie charismatische Schulmeister der ungewöhnlichen Art oder freigestellte Lehrer, im herkömmlichen Fall Besitzer eines Wohnmobils oder frühpensionierte Ego-Tripper und in schlimmen Fällen und in grotesker Verzeichnung eigener Möglichkeiten Träger und Überträger der ideologischen Pest- und Eiterbeulen des Elitegedankens. Wie schön, dass sich jetzt die Gesamtschülervertretung den Ergüssen des Arbeitskreises der Gymnasialschulleiterinnen zu „homogenen Lerngruppen“ entgegenstellt, mit denen diese wohldotierten Steißtrommler ihre pädagogische Ignoranz und didaktische Faulheit zur Basis einer kinder- und jugendfeindlichen Bildungsreform machen wollen. Dieser Kampf der GSV ist gerecht, weil er richtig, und richtig, weil er gerecht ist. Attacke!!!

Glocken sollen läuten in der Stadt für Frieden. Und natürlich müssen Schiffe sabotiert werden, die mit dem Kriegsspielzeug der bösen Jungs von Bremen, Bremerhaven und Emden über die Meere in die Golfregion schippern sollen, und wer um andere Mittel und Wege weiß, wie man Sand in die Mordmaschine der Killerwale unter Stars und Stripes oder Union Jack streuen kann, der soll das im Respekt vor Unbeteiligten und der Sicherheit des Bahnverkehrs herzlich gerne tun. Was aber Friedensläufe und ähnliche Versuche betrifft, dem Ausleben kollektiver Sinnlosigkeit Substanz zu geben, bitten wir doch um etwas mehr gedankliche Disziplin: Statt unsere Energien auf dem Asphalt zu vertrotteln, bieten sich doch wohl gezieltere Fitnessübungen gegen die Rüstungswirtschaft an!

Auf der Straße beiläufig von streunenden Nachwuchskickern mit einem ziemlich scharf getretenen Fußball angeschossen zu werden, verlangt auch für den wohlmeinenden Rechtfertiger jugendlichen Überschwangs zumindest nach einer ebenso beiläufigen Entschuldigung. Weil davon bei einem mich betreffenden Vorfall dieser Art nichts zu hören war, schnappte ich mir das runde Leder unter den Arm und zog damit weiter, bis wenigstens ein plumpes „Sorry, Alter“ erklang, das ich immerhin als Reuebekundung akzeptieren wollte. So gab ich denn den Ball wieder frei und wurde dafür mit den Worten „Danke, Arschloch!“ bedacht. Möge der fußballerische Nachwuchs wissen, dass man mich wegen meiner Gedächtniskapazität für solche Vorfälle auch den „Elefanten von Walle“ nennt!

Wenn der schneidige Senator Hattig jetzt auf dem Neujahrsempfang der Christenunion im Parkhotel zum „Josef ,Zackzack‘ Hattig“ geadelt wird, empfehle ich als regelmäßige Prägeanstalt solcher Beinamen in Vorfreude auf die Irgendwann-Eröffnung der Gröpelinger Kaufhalle „ VEB Spacepark“ doch eher die Wendung „Zickezackezickezacke/hoihoi-Hattig“ und verbleibe ganz authentisch und allein als der einzig wahre

Ulrich „Zackzack“ Reineking