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Archiv-Artikel

Kein Heimspiel für Doppelspitze

CDU Beim Wirtschaftsrat machen Parteivorsitzender Marcus Weinberg und Fraktionschef Dietrich Wersich ihre Antrittsbesuche. Es gibt nicht nur Beifall

Der CDU-Wirtschaftsrat

Der Wirtschaftsrat der CDU e.V. hat in Deutschland etwa 12.000 Mitglieder, davon allein in Hamburg rund 1.300.

■ Parteibindung: Er sieht sich als unternehmerischer Berufsverband, der rechtlich selbstständig und politisch unabhängig ist.

■ Akzentuierung: Seine Ziele will der Wirtschaftsrat insbesondere CDU und CSU nahebringen, daraus erklärt sich laut Homepage „der Namensbestandteil der CDU“.

■ Aufgabe: Er will gegenüber allen Regierungen und Parteien als Anwalt der Sozialen Marktwirtschaft und des freien, sozial verpflichteten Unternehmertums auftreten.

■ Landesvorstand: Im Hamburger Vorstand sitzen mehrere CDU-Mitglieder, aber auch parteilose Manager.

Das war kein Heimspiel für die neue Doppelspitze der Hamburger CDU am Montagabend. Vor dem Wirtschaftsrat der CDU machten der frisch gewählte Parteivorsitzende Marcus Weinberg und Fraktionschef Dietrich Wersich ihre Antrittsbesuche im Hotel Steigenberger an der Stadthausbrücke, und die Richtung gab Matthias Leutke vor.

Viele Mitglieder seien „zuletzt durchaus desorientiert über die Wirtschaftspolitik der Hamburger CDU gewesen“, erklärte der Steueranwalt und Vorsitzende des Wirtschaftsrates zur Begrüßung. Nach zwei Stunden Reden und Diskutieren hatten Weinberg und Wersich nicht alle Bedenken zerstreut.

Natürlich kam es gut an, dass sie „die Verstaatlichung der Energienetze“ ablehnen und damit eine Umsetzung des erfolgreichen Volksbegehrens. Beifall finden Aussagen wie, die CDU sei „die Partei für Freiheit und Verantwortung“, und deshalb stehe sie dafür, „Chancen zu geben, Stärken zu stärken“, aber auch „sozial zu fordern“. Und auf Zustimmung stößt auch der Hinweis, dass zwar SPD-Bürgermeister Olaf Scholz „verbal die Wirtschaft in den Vordergrund stellt“, in Wirklichkeit aber „die SPD regiert“. Und das bedeute den Einfluss von Gewerkschaften und Linken, wie er sich in der Forderung nach Einführung der Vermögenssteuer zeige.

Durchaus markige Worte, die auf den ersten Blick im Kontrast stehen könnten zu der Aussage, dass Deutschland und Hamburg „mehr Zuwanderung qualifizierter Menschen“ brauche. Auch die Forderung, die Wirtschaft müsse familienfreundlicher werden und jungen Frauen bessere Bedingungen „für Kind und Karriere bieten“, mag zu den eher avantgardistischen Erkenntnissen in der CDU zählen. Sie illustriert jedoch Weinbergs Aussage, die CDU dürfe nicht „liberal oder konservativ“, sondern müsse „liberal und konservativ sein“.

Und das führt zu Kritik unter den etwa 70 zumeist gesetzten Mitgliedern des Wirtschaftsrats. Die Betonung in der Sozialpolitik müsse noch stärker „auf dem Fordern liegen, nicht auf dem Fördern“, findet eine Dame. Und ein Herr stellt klar, „dass die CDU anders sein muss als die SPD“.

Das kann der Wirtschaftsrat nach der Sommerpause überprüfen. Als nächster Gast zum Antrittsbesuch geladen ist am 18. August der Erste Bürgermeister Olaf Scholz. SVEN-MICHAEL VEIT