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Archiv-Artikel

GROSSES PUBLIKUM In der Eisdiele

Die Frau hat dem Ansehen Deutschlands im Ausland geschadet

Alle sind auf den Beinen, einschließlich Italien, Amerika und Spanien. Und ein paar nordische Länder höre ich auch heraus. Wahrscheinlich Schweden. Sie belagern die Eisdiele an der Ecke. Die Schlange geht einmal um den Block und beißt sich dann in den Schwanz.

Fup und ich sind schlau. Wir setzen uns im Freien an einen freien Tisch. Ganz im Sinne von Fup bestelle ich für ihn eine Kugel Schokoladeneis im Becher. Am Nebentisch mäkelt ein etwa dreijähriger Junge an seinem Erdbeereis in der Schale herum. Er will jetzt auch lieber Schokoladeneis. Seine Mutter sagt, er solle sein Eis aufessen, sonst würde sie „nie wieder“ mit ihm Eis essen gehen. Der Junge will trotzdem Schokoladeneis, und das sofort. Er lässt das Erdbeereis stehen. Die Mutter geht in die Eisdiele, holt eine Waffel, löffelt das vor sich hinschmelzende Erdbeereis in die Waffel und trägt es dem Jungen hinterher, aber der sagt nur: „Ich will ein Schokoladeneis“, worauf sie antwortet: „Du kriegst kein Schokoladeneis. Nie wieder gehe ich mit dir Eis essen. Das war das letzte Mal.“ Dieser Dialog wiederholt sich ungefähr 30-mal, jedes Mal hysterischer und lauter, bis ihn alle auswendig können. Auch die Ausländer.

Vielleicht kann Bushido ein Rap-Song daraus machen, intellektuell würde der Text ihn auch nicht überfordern. Schließlich packt die Mutter ihren zappelnden Sohn unter den Arm und quetscht sich durch die Gartenstühle. „Nie wieder!“, kreischt sie. Ich glaube, die Frau hat dem Ansehen Deutschlands im Ausland geschadet.

Fup ist der Einzige, den diese Szene kaltlässt, denn er schaufelt konzentriert sein Schokoladeneis in sich hinein. Als er fertig ist, hält er mir den Becher entgegen und sagt: „Mehr!“ Das ist das einzige Wort, das er sprechen kann. Ich sage: „Du kriegst nie wieder ein Schokoladeneis!“ Die Leute glucksen. Auch Fup findet das lustig. Gut, dass er noch nicht alles versteht. KLAUS BITTERMANN