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Archiv-Artikel

Das Umweltbundesamt ist kein Bundesumweltamt

KORREKT Unsere LeserInnen beschweren sich oft über Schreibweisen in der taz. Doch wir haben gute Gründe dafür, statt Kobane lieber Kobani zu schreiben

IS, ISIS oder DA’ESH?

■ Wie geht man als Zeitung mit der Bezeichnung „IS“ respektive „Islamischer Staat“ um? Kritische Stimmen wenden ein, Medien würden sich mit der Verwendung des Namens „IS“ zum Erfüllungsgehilfen der Strategien der Terrorgruppe machen, die eine gezielte Namenspolitik betreibt. Fest steht aber auch, die Gruppe heißt derzeit nun mal so und „IS“ ist inzwischen medial stark verbreitet. ■ Suchmaschinen haben mit dem Akronym „IS“ Probleme, denn ein I neben einem S kommt in Millionen von Wörtern vor. Die Terrorgruppe wird im Netz weiterhin eher als „ISIS“ oder „ISIL“ verstichwortet. ■ Frankreichs Außenministerium verkündete im September, statt „IS“ oder „ISIS“ nur noch das Akronym „DA’ESH“ (al-Dawla al-Islamiya al-Iraq al-Sham) zu verwenden, was einer Transliteration der arabischen Form von „ISIL“ – „Islamischer Staat im Irak und der Levante“ nahekommt. Frankreichs Außenminister sprach sogar von „DA’ESH-Kehlenaufschlitzern“. „DA’ESH“ ist im arabischen Sprachraum verbreitet, weil man es zur Beleidigung der Gruppe nutzt – angelehnt an das arabische Verb „daes“ (zu Deutsch etwa „mit dem Fuß zertreten“). Der „IS“/„ISIS“/„DA’ESH“ drohte inzwischen, jedem die Zunge rauszuschneiden, der „DA’ESH“ verwendet.

VON DANIÉL KRETSCHMAR

Wie Eigennamen in der taz geschrieben werden, steht auf einer Liste. Elf Seiten ist sie lang, gefüllt mit Namen vor allem aus anderen Schriftsystemen und der korrekten Schreibweise geläufiger Abkürzungen. Wobei „korrekt“ hier heißt: „von der Korrektur entschieden“. Während zum Beispiel die Mehrheit der deutschsprachigen Medien sich für die Schreibweise „Kobane“ entschieden hat, schreibt die taz „Kobani“; meistens jedenfalls. Fehler kommen vor.

Ein Problem jedoch, das die bisweilen der taz eigene Schreibweise bestimmter Namen mit sich bringt, ist die mangelnde Auffindbarkeit durch Suchmaschinen im Internet. So schreibt taz.de, angepasst an die Entscheidung der Korrektur (meistens) „Kobani“. Der Suchbegriff für NutzerInnen, die sich über den Krieg in Syrien informieren wollen, dürfte jedoch häufiger „Kobane“ sein – das ist schlecht für uns. Solange die Seitenzugriffe über Suchmaschinen aber noch circa ein Fünftel der Besuche auf taz.de ausmachen, verfallen wir da nicht Panik und üben uns in aus der Notwendigkeit geborener Souveränität.

Eine Begründung für bestimmte Schreibweisen ist die Nähe zum Klang des Originals, Kobani eben oder Petro (nicht Pjotr) Poroschenko. Das Original ist in ersterem Fall der kurdische Name der Stadt, die auf Arabisch Ain al-Arab heißt. Bei Letzterem ist die ukrainische statt der russischen Herkunft des ukrainischen Politikers ausschlaggebend. Ein bekannter ägyptischer Muslimbruder wird „Abd al-Munim Abul Futuh“ geschrieben und nicht in der an die englische Transkription angelehnte Schreibweise „Abdel Moneim Abul Futuh“. Gleiches gilt für den palästinensischen Politiker Salam Fajad (statt Fayyad).

Gerade bei Transkriptionen gibt es häufig kein eindeutiges Richtig oder Falsch, sondern nur eine Entscheidung für die eine oder andere Variante – die dann natürlich konsequent durchgehalten werden sollte. Manchmal ist es noch viel simpler. Dann erzwingt der Zeichensatz der gedruckten Zeitung Lösungen, die niemanden so recht befriedigen. So fehlen uns schon immer die türkischen Sonderzeichen. Statt also den ungerundeten geschlossenen Hinterzungenvokal richtig darzustellen, schreiben wir einfach – korrekt, von der Korrektur entschieden – i. Unkompliziert sind hingegen die Umschreibungen jener Abkürzungen, die sich auch als Wörter sprechen lassen und ebenso geschrieben werden.

So schreiben wir Asem, nicht ASEM, oder Ver.di statt ver.di. Konsequent schreiben wir aber nicht Dax, sondern DAX, grad so, als wäre er ein AKW oder eine CD-Rom, verzeihung, ROM. Den Suchmaschinen ist das übrigens gleichgültig, sie beachten die Groß- und Kleinschreibung einfach nicht und sind auch bei Binnenmajuskeln so entspannt wie die Korrektur der taz und werden nicht unnötig sprachpuristisch, wenn ihnen YouTube, ProSieben oder JournalistInnen begegnen.

Auf der elfseitigen Liste korrekter Schreibweisen lässt sich aber noch mehr lernen oder in Erinnerung rufen, zum Beispiel, dass der Ort zwar Ramstein, die Band aber Rammstein heißt, dass Subcomandante mit einem m zu schreiben ist, dass „X-tausendmal quer“ nur hinter dem X mit einem Bindestrich versehen wird, dass die Sachsen LB seit 2008 „Sachsen Bank“ genannt werden möchte und dass wir anscheinend recht häufig über iranische Regisseure berichten. Namen mit dem entsprechenden Vermerk sind relativ häufig zu finden. Die wichtigste Information auf der ganzen Liste aber ist gleich zweimal mit einem gefetteten „Achtung!“ versehen: „Umweltbundesamt ist nicht gleich Bundesumweltamt.“

 Daniél Kretschmar, 38, ist Leiter des Online-Ressorts der taz