: „Das geht jetzt erst los“
Berliner Landgericht ordnet an, dass Springer seine Nutzungsrechte für freie Mitarbeiter überarbeiten muss
Seit Dienstag ist das Urteil amtlich: Die neuen „Allgemeinen Geschäftsbedingungen“ (AGB) der Axel Springer AG müssen überarbeitet werden. Die freien MitarbeiterInnen von Springer hatten im Januar erfahren, dass ihre Fotos und Texte ab sofort unbegrenzt auch in anderen Publikationen des weitläufigen Medienhauses genutzt werden könnten – ohne erneute Bezahlung und ohne Bitte um Zustimmung. Selbst wenn die Beiträge im Zusammenhang mit Werbung abgedruckt würden, sei das Einverständnis der JournalistInnen nicht erforderlich und die Geldfrage nicht geklärt.
Die Freelancer befürchteten, ausgebeutet zu werden, weil sie nach den neuen AGBs mit der ersten Veröffentlichung das Recht an ihren Bildern und Texten an den Konzern abtreten und die finanzielle Anerkennung für alle weiteren Verwendungen nicht garantiert wird. Der Deutsche Journalisten Verband (DJV) und Ver.di schlossen sich daraufhin mit dem Verein der FotojournalistInnen „Freelens“ zusammen und stellten einen Antrag auf einstweilige Verfügung. Jetzt entschied das Landgericht Berlin, dass die Passagen des Anstoßes in den neuen AGBs präzisiert werden müssen.
Beide Seiten warten derzeit noch auf die ausführliche Urteilsbegründung des Gerichts. So besteht noch nicht endgültige Klarheit über den genauen Inhalt des Beschlusses. Sowohl Kläger und Beklagter sehen sich aber bereits in der Gewinnerrolle: Während Springer-Sprecherin Edda Fels die AGBs im Wesentlichen nicht durch das Gerichtsurteil berührt sieht, erwarten DJV und Ver.di entscheidende Änderungen, die unter anderem eine Mehrfachvergütung grundsätzlich festlegen.
Laut Fels ist in der ersten Nachricht des Gerichts aber lediglich von Klarstellungen und Präzisierungen in einigen Passagen die Rede. Der DJV geht davon aus, dass Springer sich zu grundsätzlichen Mehrfachvergütungen verpflichten muss, und hält das Urteil für einen Schritt in die richtige Richtung. Der Verband hofft, dass an diesem konkreten Fall ein Exempel statuiert wird. Lutz Fischmann, Geschäftsführer von Freelens, erwartet aber, dass andere Verlage mit ähnlich harten AGBs nachziehen werden: „Das geht jetzt erst richtig los.“ Außerdem rechnet er damit, dass Springer gegen das Urteil Berufung einlegen wird.
Der DJV bemüht sich derweil um gemeinsame Vergütungsregeln im Urheberrechtsgesetz, zu denen aktuell Verhandlungen mit dem Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) und dem Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) laufen. Auf diesem Wege will die Gewerkschaft erreichen, dass genaue Tarife eben auch für Zweit- und Drittveröffentlichungen verbindlich festgesetzt werden.
Kerstin Ruskowski