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Archiv-Artikel

EU will gleiche Bleibe

AUS BRÜSSEL DANIELA WEINGÄRTNER

Die EU-Kommission hat gestern Vorschläge vorgelegt, wie das europäische Asylrecht weiter vereinheitlicht werden kann. Der zuständige Kommissar Franco Frattini sagte: „Wir müssen denjenigen mehr Schutz bieten, die ihn wirklich brauchen. Gleichzeitig müssen wir verhindern, dass sich die Menschen das Land herauspicken, in dem sie sich die günstigsten Bedingungen versprechen.“ Da sich die EU-Mitglieder bislang auch nicht darüber einigen konnten, welche Herkunftsländer als sicher gelten sollen, haben zum Beispiel tschetschenische Bewerber in Deutschland nur geringe Chancen, während sie in Österreich oft anerkannt werden.

Allerdings sind die Asylbewerberzahlen in ganz Europa stark gesunken, wie aus einer Auswertung der Fingerabdruck-Datenbank Eurodac hervorgeht. Im Jahr 2006 stellten in der aus 27 Mitgliedern bestehenden Union 181.770 Menschen einen Asylantrag. Zehn Jahre zuvor waren es doppelt so viele – in einer damals noch halb so großen EU. Die Kommission will nun durchsetzen, dass Altfälle anderen Europäern aus Nicht-EU-Staaten rechtlich gleichgestellt werden.

Es geht um diejenigen der 1,5 Millionen anerkannten Asylbewerber, die bereits länger als fünf Jahre in der EU leben. Sie sollen sich auch außerhalb des Landes niederlassen dürfen, das ihnen Asyl gewährt hat, und ihren Arbeitsplatz in der EU frei wählen können. Voraussetzung ist, dass ein Asylbewerber seit fünf Jahren legal und ununterbrochen in einem Mitgliedsland lebt. Er muss ein für sich und seine Familie ausreichendes Einkommen sowie eine Krankenversicherung nachweisen und darf keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellen. Mit ihrem Vorschlag will die Kommission eine juristische Lücke schließen, da andere Einwanderer aus Drittstaaten diese Bewegungsfreiheit bereits genießen.

Der Vorschlag geht über den lange diskutierten Bleiberechts-Kompromiss der großen Koalition in Deutschland hinaus. In Deutschland müssen Flüchtlingsfamilien derzeit sechs Jahre, Alleinstehende acht Jahre auf eine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis warten. Auch andere Länder haben strengere Vorgaben.

In der EU gelten bisher nur einheitliche Mindestanforderungen für die Aufnahme, das bürokratische Anerkennungsverfahren und die sozialen Rechte von Asylbewerbern. Die Mitgliedsstaaten haben aber beschlossen, bis 2010 das Asylrecht in Europa ganz zu vereinheitlichen. Denn noch immer versuchen viele Flüchtlinge nach der Einreise in die EU, in ein anderes Land zu gelangen, wo sie sich bessere Aufnahmebedingungen versprechen. Die EU-Kommission will bis Ende August Anregungen von den Mitgliedsstaaten sammeln und im Oktober eine Anhörung veranstalten. Anfang 2008 will Innenkommissar Franco Frattini ein Grünbuch vorlegen, das die Arbeitsgrundlage für die neue europäische Asylgesetzgebung bilden soll.