LESERINNENBRIEFE
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Eingriff in den Sterbeprozess

■ betr.: „Der Zwang, sich zu entscheiden“, taz vom 29. 6. 11

Da hebt der gefräßige Moloch, der Menschenopfer verlangt, wieder sein Haupt, gekleidet in die merkwürdige Begründung: „In Deutschland fehlen Spenderorgane.“ Ebenso unverschämt, wohl schlimmer noch ist die Forderung, dass demnächst von Alt und Jung eine Entscheidung über etwas getroffen werden soll, wovon kaum jemand eine Ahnung hat. Die Hirntoddefinition, die die Organentnahme im Normalfall ermöglicht, ist ein Eingriff in den – allerdings unumkehrbaren – Prozess des Sterbens und Organentnahme deshalb ein Ausschlachten eines Menschen, der auf dem Weg des Sterbens ist; wenigstens das sollte doch klar gewusst werden. Zur Explosion der Kosten im Gesundheitswesen, zum Organhandel, zur Reduzierung des Menschen auf den Status eines Autowracks ließe sich noch einiges sagen. Es ist dringend geboten, mit Hilfe aller Medien, die seriöse Arbeit leisten, aufzuklären über das, worum es geht, nicht zuletzt darüber, dass vor allem jugendliche Motorradfahrer rechtzeitig ihren Willen erklären müssen. Denn sie vor allem sind gemeint, sie und andere Opfer von Verkehrsunfällen.

ELISABETH KASCH, Reinbek

Männerlastige taz

■ betr.: „Männer sind Opfer“, taz vom 30. 6. 11

Heute musste ich mich zweimal über die taz ärgern. Da gebt ihr dem Kommentar von Ilse Lenz den Titel „Männer sind Opfer“, der nun überhaupt nicht zum Inhalt passt. Das ist irreführend. Warum konnte der Text nicht überschrieben werden mit: „Sind Männer Opfer?“ oder „Männer – die gefühlten Opfer“ oder was euch sonst noch bei sorgfältigerem Nachdenken eingefallen wäre? Künftig möchte ich keine Titel mehr lesen, die nicht zu dem jeweiligen Text passen. Doch damit nicht genug. In dem Artikel „Immer mehr Alte und Kranke sind arm“ hat Eva Völpel Daten dazu gebracht, welche Durchschnittsrente Männer in Ost und West 1999 und 2009 erhielten – von Frauen erfahren wir aber nichts. Was soll das? URSULA MÜLLER, Kiel

Griff in die Staatskasse

■ betr.: „584 Euro mehr für Abgeordnete“, taz vom 28. 6. 11

Es ist eine Schande, dass unsere Volks(wirtschafts)vertreter schon wieder in die Staatskasse greifen. Überall muss „alternativlos“ gespart werden, was natürlich nicht für die Damen und Herren in Berlin gilt, die für die Kürzungen und Streichungen im sozialen und kulturellen Bereich verantwortlich zeichnen. Auch hier dürfte es höchstens eine Diätenerhöhung von 5 Euro geben, analog zu der Erhöhung des Hartz-IV-Regelsatzes. Denn mehr gibt doch die Gemeinschaftskasse nicht her, oder? DIRK ALBRECHT, Lüneburg

Soziale Fantasielosigkeit

■ betr.: Der Professor aus Heidelberg“, taz vom 29. 6. 11

Ulrike Herrmann deutet die Besteuerung von Einkommen mit konstant 25 Prozent als soziale Fantasielosigkeit des „Professors aus Heidelberg“, was ich für weit untertrieben halte. Wäre die Steuer Wirklichkeit, würde unsere Gesellschaft weit schneller zerreißen, weil Armut und Reichtum in einem nicht mehr erträglichen Ausmaß auseinanderdriften würden. Aber alles andere? Was ist schlecht an nur noch vier Steuerarten statt über 30, an einer statt sieben Einkunftsarten oder an 146 anstelle der jetzigen 33.000 Steuerparagrafen? Und wem nutzen die unzähligen und unüberschaubaren „Steuersparmodelle“ und „Gestaltungsspielräume“? Beziehern hoher Einkommen und Steuerberatern. Das alles umzusetzen käme einer Revolution gleich. Ersetzt man allein die Einkommensteuer Kirchhofs durch eine progressive, erscheint sein Modell schon in einem ganz anderen Licht. DIETER STOMPE, Erfurt