: Klimawandel vertreibt den Feinstaub
Das Gute an zu milden Wintern: In NRW ist die Belastung durch Feinstaub im ersten Halbjahr zurückgegangen
DÜSSELDORF taz ■ Ob es am Wetter, an den Fahrverboten oder den Straßenduschen gelegen hat, kann Jürgen Friesel nicht genau sagen. „Das auseinander zu rechnen, ist eine hohe Kunst, die ich mir nicht zutraue“, sagt der Luftexperte vom NRW-Landesumweltamt in Essen. Es werde wohl eine Kombination von allem gewesen sein, die die Feinstaubbelastungen im Land im Vergleich zum Vorjahr hat sinken lassen, sagt Friesel. Dass der Grenzwert bislang nur an den Messstationen Brackeler Straße in Dortmund und Clevischer Ring in Köln an mehr als den erlaubten 35 Tagen überschritten wurde, ist für ihn ein Erfolg – wenn auch nur ein kleiner. „Insgesamt sind die Werte immer noch zu hoch“, sagt er.
Zu Beginn des Jahres 2005 hatte die EU-Kommission verbindliche Grenzwerte für die hochgiftigen Stäube festgelegt und so die meisten Städte Nordrhein-Westfalens als Umweltsünder enttarnt. Seitdem haben die Kommunen nach und nach mit Luftreinhalteplänen und Verkehrsverboten den Kampf gegen die Belastung aufgenommen – mit wechselndem Erfolg. Vor allem im vergangenen Jahr waren die Jahresgrenzwerte an vielen Orten schon nach wenigen Monaten überschritten worden. Schuld daran waren neben den Abgasen aus Verkehr und Industrie so genannte Inversionswetterlagen, bei denen warme Luft aus der Atmosphäre sich von der kälteren Luft an der Erdoberfläche abscheidet und so einen Austausch unmöglich macht. „Dass wir dieses Jahr besser da stehen, liegt auch am zu warmen Winter“, sagt der Landesgeschäftsführer des Bund für Umwelt und Naturschutz, Dirk Jansen. „So gesehen ist das eine gute Auswirkung des Klimawandels.“
Tatsächlich haben aber auch die Aktionen der Städte dabei geholfen, die Feinstaubbelastung zu reduzieren. „An den Orten, an denen es rigorose Fahrverbote gibt, sind die Erfolge am größten“, sagt Jansen. So hat die Corneliusstraße in Düsseldorf, in den vergangenen Jahren einer der Feinstaub-Hotspots, in diesem Jahr mit bisher erst 18 Überschreitungstagen eine realistische Chance, die Grenze von 35 Tagen zu unterschreiten. Verbesserungen gibt es auch beim Braunkohleabbau: Seit Betreiber RWE die Förderbänder bewässern lässt, sinken auch dort die Messwerte. „Das ist zwar nur ein kleiner Schritt, aber anscheinend funktioniert es“, sagt Jansen.
Trotz der sinkenden Werte will die Landesregierung die Anti-Feinstaub-Aktionen weiter ausweiten: „Es gibt keine Entwarnung“, sagt Markus Fliege, Sprecher von NRW-Umweltminister Eckhard Uhlenberg (CDU). Uhlenberg werde sich deshalb weiterhin für so genannte Umweltzonen einsetzen, die besonders alte Dieselfahrzeuge aus den mit Feinstaub belasteten Ballungsräumen vertreiben sollen.
Die Einrichtung der Umweltzonen geht allerdings je nach Region unterschiedlich schnell voran. Während eine flächendeckende Lösung für das Ruhrgebiet derzeit noch umstritten ist und Dortmund lediglich die Brackeler Straße sperren möchte, plant Köln fest mit einem Fahrverbot innerhalb des Grüngürtels und auf der rechten Rheinseite in Teilen der Stadtteile Deutz und Mülheim. „Momentan sind die Werte in der gesamten Innenstadt grenzwertig“, sagt Ludwig Arentz vom Umweltamt der Stadt. Aus diesem Grund sei es wichtig, nicht nur eine punktuelle Lösung zu suchen.
KLAUS JANSEN