: Täter ohne Regung
ÜBERGRIFF In Lübeck steht ein Alltagsrassist wegen eines Messerangriffs auf einen Afghanen vor Gericht
Wegen des Verdachts auf Körperverletzung, Volksverhetzung und Beleidigung muss sich seit Montag Manfred Th. vor der Dritten Großen Strafkammer des Landgerichts Lübecks verantworten. Die Staatsanwältin wirft dem 49-Jährigen vor, Wahidullah S. mit einem Messer schwer verletzt und zuvor bedroht und beleidigt zu haben.
Im Gerichtssaal hörte sich Th. die Anklage an, ohne eine Miene zu verziehen. Mit leicht nach rechts geneigtem Kopf schaute er fast gelangweilt drein. Vor Gericht zu stehen, ist für ihn nichts Neues: Zehn Jahre hat K. schon im Gefängnis gesessen, weil er einen Obdachlosen totgetreten hatte.
Am 11. Januar 2011 geschah die Tat, für die er sich jetzt verantworten muss. In der Nacht war er mit seinem Nachbarn Horst-Dieter C. auf dem Weg nach Hause. Angetrunken grölten sie „Heil Hitler“ und „Deutschland den Deutschen“. Auf der gegenüberliegenden Straße sahen sie S., der aus Afghanistan stammt, und stellten ihm nach.
„Du Arsch hast den gleichen Weg, den wir gehen müssen“, soll Th. laut Staatsanwältin gesagt haben. Drohend sei er mit Worten wie „Kanake, Fixer und Arschloch“ auf S. zugegangen. S. versuchte ihn wegzuschubsen, worauf Th. ein Klappmesser mit einer sieben Zentimeter langen Klinge zog und mehrmals versuchte, den Afghanen in den Bauch zu stechen. „Bei einer Abwehrhandlung wurde mein linker Unterarm stark verletz“, sagt S. Im Krankenhaus musste der damals 30-Jährige behandelt werden.
Die Polizei nahm noch in der Nacht beide Täter in einer Wohnung fest. Seitdem sitzt Th. in Untersuchungshaft. Mit einem Gutachter weigerte er sich über seine Gesinnung zu reden. „Rechts, nee, das ist er nicht“, sagt der Ex-Vermieter von Th., der den Prozess im Gerichtssaal verfolgt. Zu C. meint er: „Na der schon, der hörte auch so ne Musik.“ Gegen Th.s Kumpel wird separat verhandelt. Vier Gerichtstermine sind gegen Th. anberaumt. ANDREAS SPEIT