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Archiv-Artikel

Olympisches Engagement

WACHSTUM Lyon macht Frankreich ganz stark

BERLIN taz | Frauenfußball ist kein Massensport in Frankreich. Viel mehr als 60.000 Kickerinnen nehmen nicht an einem regelmäßigen Spielbetrieb teil. Und doch sind die besten von ihnen längst angekommen in der Weltspitze. Olympique Lyon gewann im Mai überlegen das Champions-League-Finale gegen Turbine Potsdam. Gefeiert wurde das wie der Beginn einer neuen Zeitrechnung. Frankreich wähnte sich auf dem besten Weg, alsbald die Frauenfußballsupermacht Deutschland überholen zu können. Mit dem entsprechenden Selbstvertrauen gehen die Spielerinnen in die Partie gegen Deutschland. „Wir haben ja schon gezeigt, dass wir gegen eine deutsche Mannschanft gewinnen können“, sagt Frankreichs Spielmacherin Camille Abily voller Selbstbewusstsein.

Sie ist eine der Europapokalheldinnen aus Lyon. Neun weitere Olympique-Spielerinnen stehen im Kader von Nationaltrainer Bruno Bini. Der schätzt die Spielerinnen auch deshalb so sehr, weil sie in einem Umfeld arbeiten können, das im Frauenfußball seinesgleichen sucht. Die Potsdamer Spielerinnen konnten dies am Rande des Champions-League-Finales von London beinahe hautnah erleben. Vor dem Stadion in Fulham parkte ein riesiger Bus, aus dem ein TV-Team für das vereinseigene OL TV vom Finale berichtete. Die Spielerinnen reisten wie ihre Männerkollegen im Luxusbus des Vereins zum Stadion. Die Potsdamerinnen, für die der Verein Billigflugtickets bei Easyjet gebucht hatte, konnten da nur staunen. Auch Potsdams Trainer Berd Schröder musste feststellen, wie klein Frauenfußballdeutschland in diesem Fall ausgesehen hat. „Immerhin haben wir uns nicht abschlachten lassen“, sagte er nach der 0:2-Niederlage.

5 Millionen Euro jährlich ist Olympique das Engagement für die Frauen wert. Die können zudem die gesamte Infrastruktur des Männerklubs nutzen. Potsdam kann da mit seinem Halbmillionenetat nicht mithalten. Schröder damals: „Wir sind stärker geworden, aber Lyon ist wesentlich stärker geworden.“ Die gleiche Feststellung ließe sich auch für die Nationalmannschaft treffen. ANDREAS RÜTTENAUER