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Archiv-Artikel

Endlich mehr Lohn für Osteuropäer

Weil der Stundenlohn von 3 Euro auf 3,70 Euro steigt, erklärt sich die Lohnkostensteigerung in Osteuropa

„Auch in Osteuropa herrscht Fachkräftemangel“

BERLIN taz ■ Im Gegensatz zu Deutschland sind die Arbeitskosten in den osteuropäischen Ländern stark gestiegen. Laut Statistischem Bundesamt steigen damit auch die Bruttolöhne, die Arbeitgeber für einen Arbeitnehmer pro Arbeitsstunde zahlen müssen.

Besonders hoch fällt der Anstieg in den baltischen Ländern aus. Lettland etwa verzeichnete 2006 einen Zuwachs von 23,3 Prozent, Estland von 16,6 und Litauen von 18,5 Prozent gegenüber 2005. Für Litauens Privatwirtschaft bedeutet das einen Anstieg der Arbeitskosten von 3 Euro Stundenlohn auf 3,70 Euro.

Ähnlich gestiegen sind die Arbeitskosten im verarbeitenden Gewerbe. Der Grund dafür liegt in dem seit Jahren anhaltenden Wirtschaftswachstum – das Bruttoinlandsprodukt von Lettland hat derzeit eine Wachstumsrate von 8,3 Prozent.

Allein damit lässt sich der Anstieg der Arbeitskosten jedoch nicht erklären, meint Hermine Vidovic vom Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche. „Auch in den osteuropäischen Ländern herrscht ein Fachkräftemangel“, so die Wirtschaftsexpertin. Denn wie Deutschland hätten auch die baltischen Republiken das Problem, dass junge AkademikerInnen in Länder mit höherem Lohnniveau abwandern. Und gute Facharbeiter könnten wegen der hohen Nachfrage auch höhere Löhne fordern. Zudem finde in den ehemaligen Ostblockländern eine Modernisierung statt. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion seien die Reallöhne derart niedrig gewesen, dass eine Steigerung heute nur logisch sei, so Vidovic. Vor diesem Hintergrund sind hohe Lohnkostensteigerungen folgerichtig.

Ähnlich bewertet auch Klaus Segbers vom Osteuropa-Institut der Freien Universität Berlin den Anstieg der Arbeitskosten in Osteuropa. Die ehemaligen Ostblockländer zählen zu den sogenannten emerging markets.

Diese Länder befänden sich in einer wirtschaftlichen Entwicklungsphase und seien deshalb gerade für ausländische Investoren interessant. „Durch die Konkurrenz der Investoren auf dem Markt entsteht zunehmend mehr Wettbewerb“, so der Politikwissenschaftler. Auch dies führe dazu, das Arbeitgeber mehr für qualifizierte Arbeitnehmer zahlen müssten.

SIMONE MIESNER