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Archiv-Artikel

„Ich würde nicht zustimmen“

Peter Stremmel, Geschäftsführer des Klinikums Links der Weser, erklärt, warum er den Zentralisierungskurs der Gesundheitssenatorin für einen Irrweg hält – und er ihn nicht mittragen wird

INTERVIEW: KLAUS WOLSCHNER

taz: Herr Stremmel, die Krankenhäuser sollen stärker zentralisiert werden – das schlägt der Senatsbeauftragte Klaus Hilker vor. Und Senatorin Ingelore Rosenkötter hat gesagt, das Konzept gehe in die richtige Richtung. Sehen Sie das auch so?

Peter Stremmel: Das sehe ich völlig anders. Ich würde das auch nicht mitmachen. Die Selbstständigkeit der Häuser würde damit total aufgegeben. Das ist aber das Erfolgsrezept der Bremer Kliniken gewesen.

In der öffentlichen Debatte gibt es viele, die sagen: Die Krankenhauspolitik kommt nicht voran, weil niemand da ist, der durchgreifen kann…

Wenn der Konzernholding-Chef Wolfgang Tissen die Möglichkeit gehabt hätte, so durchzugreifen wie er das wollte und wie das derzeitige Hilker-Konzept das vorsieht, mit Lindner als zweiter Spitze – nicht auszudenken, was er gemacht hätte.

Das Gesundheitsressort hat der Holdingspitze sehr vertraut…

Das war ein Teil des Problems. Krankenhäuser sind Versorger in einem sensiblen Netzwerk. Wenn man da falsche Botschaften gibt zur falschen Zeit, dann zerreißt das Netzwerk. Krankenhäuser müssen flexibel sein, manchmal ist es wichtig, dass man schnell reagieren kann. Eine große Klinikzentrale kann das nicht.

Über die Probleme des Klinikums Mitte wird seit Jahren diskutiert. Warum schleppt sich das so hin?

Das liegt nicht an der Holding, das hat mit dem Public-Private-Partnership-Modell zu tun. Die potenziellen Investoren wollen eine Absicherung haben, da muss die Bremer Politik sich entscheiden, ob sie eine Bürgschaft geben will für die privaten Investoren oder nicht.

Ihr kleineres Klinikum Links der Weser schreibt seit Jahren schwarze Zahlen. Was können die anderen tun, um ebenso erfolgreich zu sein wie Sie?

Das kann man nicht so pauschal sagen. Jedes Krankenhaus hat seinen Schwerpunkt, wie haben den Herz-Kreislauf-Schwerpunkt, und wir haben den vernünftig entwickelt. Manche Kollegen haben auch schwierigere Bedingungen als ich. Das Klinikum Mitte hat es besonders schwer mit dem Pavillon-System, das muss man dringend ändern.

Das wissen die GesundheitssenatorInnen seit Jahren – hätte man früher eingreifen müssen?

Längst! Der Bau des Zentral-OP reichte nicht aus. Damals gab es auch die Dramatik nicht so wie heute, aber klar: Der damalige Senat hätte reagieren müssen.

Gibt es Beispiele, wo Zentralisierungen zu Fehlentwicklungen geführt haben?

„Die Hilker-Beratung war absolut vertane Zeit. Ich habe nie verstanden, was das sollte“

Da muss man nur nach Hamburg gucken. Vor zehn Jahren haben die den gleichen Weg begonnen, haben die Zentrale eingeführt. Die Kliniken wurden entmachtet, der Wasserkopf immer größer. Am Ende war das ganze Ding nur noch in den roten Zahlen – es musste verkauft werden. Und was macht der neue private Eigentümer, Asklepios? Führt alles wieder zurück in die Häuser, um die zu stärken. Den Umweg über die Privatisierung könnte sich Bremen ersparen.

Jetzt wollen hunderte Hamburger KlinikmitarbeiterInnen vom Rückkehrrecht in den öffentlichen Dienst Gebrauch machen…

… der sie nicht beschäftigen kann, sie aber bezahlen muss.

Die Klinik-Geschäftsführer sollen nach dem Hilker-Modell Kompetenzen abgeben. Welche?

Eigentlich alle. Die Personal-Kompetenz, die strategische Planung, und die wirtschaftlichen Dienste wie Reinigung, Küche. Und der Holding-Chef soll auch noch Aufsichtsratsvorsitzender sein, hat also die komplette Macht. Der Vor-Ort-Geschäftsführer kann dann noch die Post öffnen.

Dafür wird er aber gut bezahlt.

Befriedigend kann das nicht sein. Dafür würde ich nicht zur Verfügung stehen.

Das wäre eine Änderung des Vertrages, der jeder Geschäftsführer zustimmen müsste. Walter Bremermann von Mitte geht bald in Rente, der Posten in Ost ist vakant. Bleiben nur Uwe Schmidt vom Klinikum Nord und Sie.

Ich würde nicht zustimmen. Uwe Schmidt hat, glaube ich, auch Schwierigkeiten damit.

PETER STREMMEL, 54, Geschäftsführer der Klinik Links der Weser, war nach eigenen Angaben einst gegen die Einstellung von Wolfgang Tissen, Ex-Chef der Krankenhaus-Holding.

Das ginge also nicht so, wie Hilker sich das vorgestellt hat?

Das geht schon, dann müssten wir aber entsorgt werden. Entschuldigen Sie den Ausdruck. Aber der Markt für Klinik-Geschäftsführer ist leer gefegt. Bremen ist nicht der Nabel der Welt, wo die guten Bewerber Schlange stehen.

Das muss die Gesundheitssenatorin gemerkt haben – seit einem Jahr sucht sie vergebens.

Woher wollen Sie vier Klinikchefs bekommen? Die Chancen, für das Hilker-Modell gute Kandidaten zu finden, ist – sage ich mal vorsichtig – gering. Die Hilker-Beratung war absolut vertane Zeit. Ich habe nie verstanden, was das sollte.

Und jetzt?

Ich habe gehört, dass die Senatorin eine neue Headhunter-Firma besorgen möchte, die neu auf dem Markt ihre Fühler ausstreckt. Aber bevor man die richtigen Leute sucht, muss doch klar sein, für welches Konzept.