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Archiv-Artikel

Staatsbürgerkunde: Bitte nur theoretisch

Die Hamburger Bildungsbehörde verbot Schülern die Reise zum G 8-Gegengipfel: „Gefahr für Leib und Leben“

Von KC

„Wir sind sehr enttäuscht“, sagt Nicolas Bernhardi. Der 19-jährige Schüler der Hamburger Gesamtschule Bergedorf fuhr mit einer Projektgruppe zum G 8-Gegengipfel in Rostock, auf dem Alternativen zur Politik der G 8 diskutiert wurden. Die SchülerInnen wollten das Ereignis für ihre Schule dokumentieren – und scheiterten an der Hamburger Bildungsbehörde.

Die 15 SchülerInnen der Klassen 10 bis 13 und drei Lehrkräfte waren bereits in Rostock, als am Samstag, vor Beginn des G 8-Gipfels, Ausschreitungen die Großdemonstration der Gipfel-Kritiker überschatteten. Am Montag, einen Tag vor Beginn des Gegengipfels, reagierte die Behörde: Die gesamte Projektgruppe musste nach Hause zurückkehren, um Gefahren „für Leib und Leben“ aus dem Weg zu gehen.

„Wir konnten uns problemlos von Demonstrationen fernhalten. Außerdem war der Gegengipfel in Rostock, die Proteste am Dienstag aber nur noch rund um Heiligendamm“, sagt allerdings Lambert Schulze, der die Gruppe als Lehrer betreute. „Eine Gefahrenlage anzunehmen, war absurd.“ Das sieht die Hamburger Bildungsbehörde anders. „Die subjektive Einschätzung von irgendjemandem vor Ort ist nicht relevant“, sagte ein Sprecher gestern. Die Entscheidung habe darauf beruht, dass die Polizei die Sicherheit der Gruppe nicht garantiert gesehen habe.

Die Bildungsbehörde wähnt sich außerdem im Einvernehmen mit der Bergedorfer Schulleitung, denn die Entscheidung sei gemeinsam getroffen worden. Das allerdings sieht die Gesamtschule anders: „Die Anweisung kam von oben“, sagte der stellvertretende Schulleiter Peter Puhle gestern.

„Die Behörde versuchte von Beginn an, diese Fahrt zu verbieten“, heißt es aus der Projektgruppe außerdem. Die Bildungsbehörde habe während der Planungsphase schon einmal mündlich versucht, die Fahrt zu verbieten, sagte Schulze. „Das Thema ist der Behörde anscheinend zu heikel.“ Als die Anweisung kam, fügten sich die SchülerInnen nur ungern. „Aber sonst hätten unsere Lehrer große Probleme bekommen“, sagt Bernhardi. KC