: Kellner müssen weiter dicke Luft atmen
Der Senat macht Ernst: Ab 2008 soll Rauchen fast überall in Berlin verboten sein. Doch Gastronomiemitarbeiter profitieren kaum vom Plan, Qualmen nur in abgetrennten Räumen zu erlauben. Senatorin: Das ist Bundessache
Wieder mal kommt es auf die Details an. Ab Januar 2008 soll in Berlin das Rauchen in nahezu allen öffentlichen Gebäuden weitgehend verboten sein: in Diskotheken, Kneipen und Behörden ebenso wie in Krankenhäusern, Theatern und Schulen. Das steht im Senatsentwurf für ein Nichtraucherschutzgesetz, den Gesundheitssenatorin Katrin Lompscher (Linkspartei) gestern präsentierte. Noch vor der parlamentarischen Sommerpause soll das Abgeordnetenhaus den Entwurf zum Gesetz adeln. Das klingt eindeutig. Doch die geplanten Regeln und ihre Ausnahmen sorgen für Ärger.
In Restaurants und Kneipen müssen Betreiber, die ihre Gäste rauchen lassen wollen, getrennte Raucherräume einrichten. Nichtraucher sollen sie nicht durchqueren müssen, etwa beim Gang auf die Toilette. Wirte müssen ab 2008 auf das Rauchverbot hinweisen, sonst begehen sie eine Ordnungswidrigkeit und riskieren 1.000 Euro Strafe. Rauchenden Gästen droht ein Bußgeld von 100 Euro. Kontrollieren sollen das die Ordnungsämter der Bezirke, gegebenenfalls auch zu Hilfe gerufene Polizisten.
Doch bei einer bis zuletzt offenen Frage hakt es immer noch: Wie sieht es mit dem Nichtraucherschutz für Gastronomiemitarbeiter aus? Die Gesundheitssenatorin sieht die Wirte in der Verantwortung: „Der Betreiber ist dafür verantwortlich, wie er diese Gesundheitsrisiken ausschließt.“ Konkret kann das laut Lompscher zu einem Deal zwischen Kneipier und Thekenkraft führen: „Wenn der Betreiber das Einverständnis der Bedienung einholt“, auch im Raucherraum zu bedienen, „ist das denkbar.“ Letztlich könnten also die schwächsten Glieder der Raucherkette weiter schädlichen Qualm einatmen. Die Grünen-Abgeordnete Heidi Kosche kritisiert, auch das Reinigungspersonal würde nicht geschützt: „Denn die Schadstoffe bleiben im Raum, auch wenn tüchtig gelüftet wurde.“
Der Senat hat darauf jedoch wenig Einfluss. Arbeitnehmerschutz ist Bundes-, nicht Ländersache. Deshalb beteuerte Senatorin Lompscher gestern, sie habe das Gesetz „so weitgehend formuliert, wie wir konnten“. Und fordert vom Bund eine „Anpassung der Arbeitsstättenverordnung“. Doch auf Bundesebene will man erst mal abwarten, was die Länder in ihre Nichtraucherschutzgesetze schreiben. Die sind als Folge der Föderalismusreform deren Aufgabe.
Tief im Gesetzentwurf versteckt lauern einige besonders interessante Ausnahmeregelungen. Beispielsweise soll in Abschiebegefängnissen, Psychiatrien und auf Theaterbühnen das Rauchen erlaubt bleiben. Genauso wie in Entziehungsanstalten.
MATTHIAS LOHRE