Doch wenig Geld für Studiboom

Länder zahlen weniger in den Hochschulpakt. Rektoren drohen mit „Notwehr“

BERLIN taz ■ Die Zukunft sichern soll er, und die Rettung angesichts des drohenden Studentenbooms sein: der Hochschulpakt, den die Regierungschefs von Bund und Ländern am Donnerstag unterschreiben wollen. „Ich begrüße die Unterzeichnung des Hochschulpakts. Er ist ein positives Signal für die Hochschulen und die künftigen Studierenden“, sagte Bundesbildungsministerin Annette Schavan der taz.

Der Hochschulpakt sieht vor, dass Bund und Länder in den nächsten vier Jahren zusätzliches Geld locker machen, um 91.000 zusätzliche Studienplätze zu schaffen. 565 Millionen Euro stellt der Bund dafür bis 2010 zur Verfügung. Ursprünglich vorgesehen war, dass die Länder die gleiche Summe zuschießen. Nun aber sieht es so aus, dass die Länder wesentlich weniger zahlen.

Die Chefs von Hochschulrektorenkonferenz und Deutschem Hochschulbund, Margret Wintermantel und Bernhard Kempen, haben ausgerechnet, was das bedeutet: Bund und Länder geben nur 4.260 Euro pro Studienplatz und Jahr statt der geplanten 5.500 Euro. Diese Mittel deckten die Kosten für die zusätzlichen Studienanfänger nicht und gingen daher zu Lasten der Qualität, klagen sie. Die tatsächlichen Kosten liegen laut Statistischem Bundesamt eigentlich bei etwa 7.300 Euro.

Der Ansturm auf die Unis, den die Kultusministerkonferenz vorhersagt, kommt daher, dass immer mehr Schüler das Abi machen. Außerdem soll der Anteil eines Jahrgangs, der an die Uni geht, auf insgesamt 40 Prozent steigen. Paradox: In den letzten Jahren haben die Studierendenzahlen de facto abgenommen. Die Gründe: Die Unis vergeben mehr und mehr Plätze nach Nummerus clausus, also nach der Abinote. Zum anderen schrecken Studiengebühren viele ab.

Wintermantel und Kempen drohen nun offen damit, als „Notwehrmaßnahme“ flächendeckende NC an den Hochschulen einzuführen. Nur so ließen sich angemessene Studienbedingungen sichern – sprich, die häufig überfüllten Seminare zumindest auf diesem Niveau halten. Flächendeckende NC aber heißen vor allem: das Jahrgangsziel von 40 Prozent Studienanfängern würde unerreichbar. Deutschland bliebe hinter den europäischen Nachbarn zurück.

Seit der Föderalismusreform ist die Finanzierung der Hochschulen eigentlich reine Ländersache. Nur für Baumaßnahmen und spezielle Forschungsprogramme darf der Bund Gelder zuschießen, das wollten die Länder explizit so haben. Nun wird klar: Sie können die Kosten allein gar nicht tragen. „Der Hochschulpakt ist ein erster Schritt in die richtige Richtung“, meint Dieter Dohmen, Chef des Forschungsinstituts für Bildungs- und Sozialökonomie. „Das Finanzvolumen ist aber zu knapp.“ Gerade die teureren Studienplätze der Ingenieurwissenschaften könnten so nicht ausreichend finanziert werden. Ein weiteres Problem: Der Pakt gilt bis 2010. Die Hochschulen können sich somit nicht sicher sein, ob sie Geld haben werden, um die zusätzlichen Studienanfänger bis zum Ende ihres Studiums zu unterrichten. ANNEGRET NILL