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Archiv-Artikel

Unverbesserlich bis zum Schluss

Nach wie vor will der ehemalige serbische Polizeichef und führende Politiker der sogenannten Serbischen Republik Krajina ( 1991–95) in Kroatien, Milan Martić, das UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag nicht anerkennen und sein Urteil schon gar nicht. Als das Gericht ihn gestern zu 35 Jahren Haft verurteilte, verzog der Angeklagte keine Miene. Das Tribunal aber sah es als erwiesen an, dass der heute 52-Jährige 1991–95 an der Ermordung, Verfolgung, Vertreibung und Folterung von nicht serbischen Zivilisten, an Massenvergewaltigungen sowie an Zerstörungen von Dörfern und Kirchen beteiligt war. Die Staatsanwaltschaft hatte eine lebenslange Haftstrafe beantragt.

Der 1954 in der Nähe von Knin geborene Martić trat wie viele Mitglieder der serbischen Minderheit in Kroatien nach der Schule in den Polizeidienst ein. Nach Abschluss seiner Ausbildung machte Martić als hoher Polizeioffizier im Innenministerium der Republik Kroatien Karriere. Kroatien war damals eine der sechs Republiken, aus denen die ehemalige kommunistische Föderation Jugoslawien zusammengesetzt war. Als Ende der achtziger Jahre in Serbien die großserbische Idee propagiert wurde, schloss sich Martić den serbischen Nationalisten in Kroatien an. Wenn Jugoslawien in unabhängige Republiken zerfiele, so seine Position, dann sollten die serbisch dominierten Gebiete in Kroatien sich mit Serbien vereinigen.

Schon 1990 begann er, in seiner Heimat serbische Polizeimilizen aufzubauen. Als Kroatien sich im Juni 1991 für unabhängig erklärte, organisierte Martić mit dem Kommandierenden der Armee in der Region, Ratko Mladić, und dem politischen Führer der kroatischen Serben, Milan Babić, den bewaffneten Aufstand.

Die von Belgrad und der Jugoslawischen Armee unterstützten serbischen Truppen eroberten in den folgenden Monaten fast ein Drittel Kroatiens und wandten dabei die Taktik der „ethnischen Säuberungen“ an. Die Artillerie Mladićs beschoss kroatische Dörfer und Städte, die Polizei- und Freischärlertruppen von Martić erledigten die Drecksarbeit.

Das Ende seiner Karriere wurde durch die Offensive der kroatischen Armee eingeleitet, die im August 1995 die Krajina zurückeroberte. Martić floh mit dem Gros der serbischen Bevölkerung aus dem Land. Er hat nie die Verantwortung für seine Politik übernommen. Sein ehemaliger Mitstreiter Babić erklärte dagegen in Den Haag: „Ich stehe vor diesem Gericht und fühle tiefes Bedauern und Scham. Ich war an der schlimmsten Art von Verbrechen gegen Menschen beteiligt, und dies nur, weil sie Kroaten und nicht Serben sind. Ich bitte die kroatischen Brüder um Vergebung.“ ERICH RATHFELDER