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Archiv-Artikel

Ein weltumspannendes Unternehmen

So viel Gemeinsamkeit war nie: Drei Ausstellungen in Bremen und Bremerhaven erinnern an Lloyd-Gründung

Von bes

Erstmals seit Bestehen des Bundeslandes kooperieren Bremer und Bremerhavener Museen in diesem Sommer: Möglich macht das der runde Jahrestag des wohl erinnerungsträchtigsten lokalen Unternehmens – des Norddeutschen Lloyd (NDL).

Die 1857 gegründete, 1970 ihrem einstigen Konkurrenten Hapag einverleibte Reederei hatte im Laufe des 19. Jahrhunderts ein weltumspannendes Dampfernetz und Dependancen in allen fünf Erdteilen aufgebaut. Europaweit führend war es im Geschäft mit den Auswanderern, ohne die Firma hätte sich das frühere Geestemünde wohl nie zur Stadt Bremerhaven entwickelt: Dort widmen das Historische Museum und das Deutsche Schifffahrtsmuseum Aspekten des Phänomens zwei Sonderausstellungen. Den Anfang aber macht das Focke-Museum. Samstagnachmittag eröffnet dessen Direktor Jörn Christiansen die Schau „Von Bremen in die Welt“.

Sie zeigt den Aufstieg, die politischen Verwicklungen, die Komplett-Zerstörung in den beiden Weltkriegen und den endgültigen Niedergang mit Aufkommen des Flugverkehrs – kurz: einen kritischen Abriss der Firmengeschichte. Neben niedlichen Dampfermodellen und schwülstigen Ölgemälden illustrieren Fundstücke aus der ersten großen NDL-Katastrophe: 1895 war der Liniendampfer „Elbe“ auf hoher See untergegangen. 300 Menschen starben.

Exakt 100 Jahre später haben niederländische Taucher das Wrack geortet – und Teile von Ladung und Ausstattung geborgen. Zu den Überbleibseln zählen – offenbar für den amerikanischen Nippesmarkt bestimmte – Porzellanfiguren, ein Seidenballen und eine unversehrte Lampe der elektrischen Innenbeleuchtung. Kurator Heinz-Gerd Hofschen: „Sogar die Glühbirne ist noch völlig intakt.“

Die Firma habe in ihrer Eigendarstellung stets „Wert darauf gelegt, dass man alles aus eigener Kraft“ geschafft habe, so Hofschen. Dem sei nicht ganz so gewesen: 1895 stritt der Reichstag um die Bezuschussung des Bremer Ostindien-Geschäfts. Vier Millionen Reichsmark bewilligte das Parlament schließlich. Als Subventionsgegner waren die Sozialdemokraten aufgetreten: An einer Hörinsel lässt sich August Bebels flammende, wenn auch wirkungslose Rede erleben. Unter den Nazis schließlich war der NDL fast komplett zum Staatsbetrieb umgeformt und erstmals mit der Hapag fusioniert worden. „Ein nationalsozialistischer Musterbetrieb“, so Hofschen, „ohne nennenswerte Ausnahmen in der Firmenleitung“. Kein Gegenstand der Verklärung. Aber ein wichtiger Faktor der Lokalgeschichte. bes

Eröffnung: Samstag, 16 Uhr