Zeltlager schlägt LAN-Party

Mit den Sommerferien beginnt in wenigen Wochen auch die Zeltlagersaison. Doch es wird immer schwieriger, junge Urlauber in Zeiten von LAN-Partys und Playstation-Spielen dafür zu begeistern

VON NANA GERRITZEN

Die einen fahren in den Bayerischen Wald, die anderen nach Kroatien. Und alle wollen dasselbe: ihr Kinderzimmer gegen ein Gruppenzelt eintauschen, Abenteuer erleben, neue Freunde finden. In vier Wochen beginnen für rund 150.000 Berliner Schüler die Sommerferien – und für viele von ihnen auch die Zeltlager-Saison.

Unter dem Motto „Du bist nicht allein – Gemeinsam campen gegen den unsicheren Alltag“ bietet der sozialistische Jugendverband „Die Falken“ in diesem Sommer eine knapp dreiwöchige Reise nach Kroatien an. „Die Gruppe der Sechs- bis 15-Jährigen ist völlig ausgebucht“, sagt Falken-Landessekretär Mark Medebach. „Es gibt sogar schon eine Warteliste.“ Für Jugendliche ab 16 Jahren stünden noch Plätze zur Verfügung.

Medebach erklärt sich den Erfolg der Falken-Zeltlager so: „Wir sind billiger als viele andere Anbieter und bieten mehr als pure Lagerfeuerromantik.“ Tagsüber könnten die Kinder an zahlreichen AGs teilnehmen. Sie können beispielsweise bei einem Ferienlager-Film mitmachen, beim internen Radio oder der Lagerzeitung. Darüber hinaus werde das Ferienlager seinem sozialistisch geprägten politischen Anspruch gerecht. „Es gibt jedes Jahr Blockseminare mit wechselnden Themen“, erklärt Medebach. In diesem Sommer steht für die Großen die Prekarisierung auf dem Plan, für die Kleinen das Thema Kinderrechte. Das Bildungsangebot werde insgesamt gut angenommen. Der starke Partizipationsanspruch fordere jedes Kind und jeden Jugendlichen auf, sich aktiv einzubringen und Gemeinschaftsaufgaben zu übernehmen. „Küchendienst bedeutet bei uns nicht nur, den Tisch zu decken, sondern auch wirklich zu kochen“, erklärt Medebach und fügt hinzu: „Selbst, wenn es dann mal nicht schmeckt.“

Weniger politisch geht es im Zeltlager der Schreberjugend zu. „Wir fahren seit Mitte der 70er-Jahre in den Bayerischen Wald“, berichtet Oliver Gellert von der Schreberjugend. Normalerweise nähmen je 40 bis 60 Kinder an den drei Reisedurchgängen teil. „In diesem Jahr sind es zumindest in zwei der drei Gruppen nur 20 bis 30.“ Woran das liegt, kann Gellert nicht sagen. „Vielleicht ist unser Angebot nicht mehr zielgruppenorientiert genug“, mutmaßt er. Schließlich biete der Jugendverband kein Kampftrinken auf Mallorca, sondern ein relativ klassisches Zeltlager.

Morgens um acht werden alle geweckt, dann gibt es Frühstück. Tagsüber gibt es die Möglichkeit, schwimmen zu gehen, an Sportturnieren teilzunehmen oder etwas zu basteln. Abends werden neben Lagerfeuern und Nachtwanderungen mehrmals die Woche Kinder-Discos veranstaltet. Das ist heute vielleicht nicht mehr das, was sich der durchschnittliche 14-Jährige wünscht“, sagt Gellert. Für viele der Kinder sei es eine Herausforderung, für zwei oder drei Wochen ohne Internetzugang, Fernsehen und Playstation auszukommen. Andere mögen nicht auf Bier und Wodka verzichten. Insgesamt scheine es, als ob Jugendliche zunehmend Probleme mit Realität und Natur haben. „Ich will meine Ferien nicht in einem Wald verbringen“, habe ihm ein 13-Jähriger letzten Sommer erklärt, so Gellert. Das sei ihm „zu real“.