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Archiv-Artikel

Die rot-grüne Neue – ist Schröders „alte“

Renate Jürgens-Pieper war unter Schröder schon Kulturministerin in Niedersachsen. Sie soll Willi Lemke nachfolgen

Von kawe

Bürgermeister Jens Böhrnsen hielt die Kleiderordnung ein: Erst musste die neue Senatorin für Bildung- und Wissenschaft dem SPD-Landesvorstand vorgestellt werden, dann der Öffentlichkeit. Renate Jürgens-Pieper ist es, 1951 in Braunschweig geboren, unter Gerhard Schröder und Siegmar Gabriel (1998-2003) war sie in Hannover Kultusministerin und hat dort einen guten Ruf als fachlich versierte Politikerin. Rot-grünen Stallgeruch hat sie ganz persönlich in ihrer Biografie: 1985 trat sie aus der SPD aus und schloss sich den Grünen an, 1994 „kehrte sie in den Mutterschoß der SPD zurück“, wie sie gestern bekannte.

Vor ihrem Wechsel in die Politik war Jürgens-Pieper Lehrerin an der Gesamtschule Wilhelm Bracke in Braunschweig. Auch ihr Mann war Leiter einer Gesamtschule. Bei den Grünen war sie bildungspolitische Sprecherin. 1990 wurde sie Staatssekretärin im niedersächsischem Kultusministerium. Dieses Amt behielt sie als einziges Mitglied der Grünen auch nach der Landtagswahl 1994, die eine Alleinregierung der SPD ermöglichte. Jürgens-Pieper beklagte sich aber über mangelnde Unterstützung durch die grüne Partei in der Gesamtschulpolitik – und kehrte im Oktober 1994 in die SPD zurück. Dass sie dann in die SPD eintrat, rettete ihr möglicherweise den Staatssekretärs-Posten. 1998 wurde sie Kultusministerin.

In der kurzen Ära von Gerhard Glogowski galt Renate Jürgens-Pieper 1999 sogar als mögliche Kandidatin für das Ministerpräsidenten-Amt in Niedersachsen. Das Rennen machte bekanntlich Sigmar Gabriel, und der brachte sie bundesweit negativ in die Schlagzeilen. Erst verwehrte er der Ministerin die Kandidatur für den Landtag. Dann entwickelte Gabriel daheim in Goslar am Computer ohne Rücksprache ihr als zuständiger Ressortchefin umfassende Schulreformpläne. Die Ministerin erfuhr davon aus dem Radio – als sie morgens beim Friseur saß. Gabriels Initiative zielte darauf ab, die Orientierungsstufe abzuschaffen und die Schulzeit bis zum Abitur auf zwölf Jahre zu verkürzen. In der Folge der niedersächsischen Bildungspolitik wurde dies auch in Bremen umgesetzt. Sie habe Willi Lemke anfangs ein paar Tipps gegeben, berichtete sie gestern. Nun freue sie sich, in seine Fußstapfen zu treten – er habe „die Weichen gut gestellt“. Ausdrücklich bezeichnete sie sich als „Realpolitikerin“.

Auch in Hannoveraner Grünen-Kreisen genießt Jürgens-Pieper trotz ihres erneuten Parteiwechsels heute noch hohes Ansehen. kawe