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Archiv-Artikel

Der Türkenversteher

Die unbekannten Migranten erforscht eine Studie. Die Überraschung: Integrationsminister noch unbekannter

NRW-Integrationsminister Armin Laschet hat ein Imageproblem: Nur 20 Prozent der Migranten türkischer Herkunft bewerten seine Politik positiv. Doch noch größer scheint sein Bekanntheitsproblem: Nur jeder Vierte weiß, dass der CDU-Mann ihr Minister ist. Unter denen, die ihn kennen, ist die Stimmung besser: Immerhin ein Drittel glaubt, dass Laschet in seiner Rolle die Lage der Zuwanderer verbessern kann.

Die Integrationspolitik in NRW ist Schwerpunkt der aktuellen Studie des Essener Zentrums für Türkeistudien (ZfT), die gestern von Direktor Faruk Sen und Laschet gemeinsam vorgestellt wurde. Seit acht Jahren misst das ZfT die Stimmung in der türkeistämmigen Bevölkerung: Repräsentative 1.000 MigrantInnen schätzen ihre wirtschaftliche Situation ein, bewerten ihr Verhältnis zur Mehrheitsbevölkerung und ihre eigene Verwurzelung in Deutschland.

Dass nur ein Viertel der Adressaten seine Politik kennt, findet der Minister gar nicht einmal so übel: „Landespolitik wird traditionell weniger wahrgenommen als Kommunal- oder Bundespolitik.“ Trotzdem stimme ihn nachdenklich, dass „nicht einmal ein Fünftel das Klima in Politik und Gesellschaft gegenüber Zugewanderten als gut oder eher gut einschätzt“. Trotzdem stoßen Laschets Vorstöße zur Integration von Migranten bei den Befragten auf hohe Zustimmung: Am dringlichsten werden bessere Zugangschancen zur Arbeitswelt eingestuft. Weniger wichtig sind den Migranten die schulpolitischen Initiativen wie etwa die Sprachtests für Vierjährige – angesichts der miserablen Chancen für Migrantenjugendliche auf dem Ausbildungsmarkt und des hohen Anteils an Familien, die unter der Armutsgrenze leben (40 Prozent), macht die Prioritätensetzung Sinn.

Doch die negative Einschätzung der sozialen und wirtschaftlichen Lage – nur jeder Fünfte glaubt an eine Verbesserung in den kommenden Jahren – mündet in NRW noch lange nicht in einer Parallelgesellschaft. „Das ist ein Kampfbegriff“, so Laschet. Nur ein Prozent der Migranten gab an, mit den Deutschen nichts zu tun haben zu wollen. Mehr als die Hälfte hingegen wünscht sich mehr Kontakt zur Mehrheitsgesellschaft. Dabei fehlt es ihnen nicht an Selbstkritik: Zwei Drittel der Befragten fanden, dass die Zugewanderten mehr noch als die Deutschen verpflichtet seien, für ihre Integration etwas zu tun.

NATALIE WIESMANN