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Archiv-Artikel

„Hauptschüler wird es auch weiterhin geben“

Der bildungspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Sascha Steuer, will für Berlin nur noch zwei Schulformen: das Gymnasium und die Stadtteilschule. In der Stadtteilschule sollten SchülerInnen aber nicht einfach gemeinsam lernen, sondern auch weiterhin je nach Leistungsniveau gefördert werden

SASCHA STEUER, 32, ist seit 2006 bildungspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus.

INTERVIEW VEIT MEDICK

taz: Herr Steuer, die CDU plädiert jetzt für das Hamburger Modell, bei dem es neben dem Gymnasium lediglich die Stadtteilschule geben soll. Wie kam’s zum bildungspolitischen Umdenken?

Sascha Steuer: Ich habe acht Berliner Hauptschulen besucht und mir ein eigenes Bild von der Lage gemacht. Mein Ergebnis ist, dass wir eine Veränderung in Berlin brauchen, da die Hauptschule eine Restschule geworden ist. Das Hamburger Modell kann Diskussionsgrundlage für eine Veränderung des Schulsystems in Berlin sein. Nicht mehr und nicht weniger.

Das Modell ist also in Ihrer Fraktion nicht unumstritten?

Wie das Schulsystem insgesamt umstritten ist, ist auch die Frage, wie es in Berlin weitergehen soll, eine Diskussion, in der es viele Meinungen gibt. Da stehen wir erst am Anfang.

Sie fordern die Abschaffung der Hauptschule. Wie würde das zweigliedrige System dann konkret aussehen?

In Hamburg haben sie zwei Jahre an einem Bericht der Enquetekommission gearbeitet. Und dort stand zum Schuss auch nicht drin, wie die innere Ausgestaltung der zweiten Schule neben dem Gymnasium konkret aussehen soll. Da wir in Berlin noch gar nicht zu diskutieren begonnen haben, kann man nicht sagen, wie das am Ende aussehen wird. Aber wir müssen uns von der derzeitigen Zersplitterung der Schullandschaft lösen und zu einer Veränderung der Struktur neben dem Gymnasium kommen.

In Hamburg heißt das zweite Standbein Stadtteilschule.

Ein Aspekt an der Hamburger Entwicklung ist faszinierend, auch für Berlin. Der Name Stadtteilschule zeigt doch, dass man sich dort bewusst ist, dass in jedem Stadtteil auf die unterschiedliche Schülerklientel völlig unterschiedlich eingegangen werden muss. Und deshalb geht es nicht darum, Schüler einfach unabhängig von ihren Fähigkeiten und Möglichkeiten nebeneinanderzusetzen – das ist der große Unterschied zur Gemeinschaftsschule. Das führt zu nichts. Man muss vielmehr den Hauptschülern, die es ja nach wie vor geben wird, ein ganz konkretes, auf sie zugeschnittenes Bildungsangebot machen.

Also soll es auch weiterhin Hauptschulklassen geben?

Wir sind am Anfang des Diskussionsprozesses. Was dabei herauskommt und wie so ein Angebot aussehen kann, wissen wir erst am Ende.

Nun sind Sie mit dem Vorschlag aber doch vorgeprescht. Wie soll die Schulform in Zukunft aussehen?

Vielfalt ist sehr wichtig. Vielfalt und Freiheit der Einzelschule bei gleichzeitiger Garantie einheitlicher Standards durch das Land. Und das ist auch die Richtung, in die es in Hamburg geht.

Also wollen Sie die bisherigen Schulformen beibehalten und diese lediglich unter ein Dach stellen?

Die Idee, dass wir festschreiben, wie jede Stadtteilschule aussehen soll, ist falsch. Möglicherweise gibt es am Ende die Freiheit, dass die einzelne Schule sich so organisiert, wie sie es für richtig hält. Die eine, indem sie einzelne Klassen anbietet mit unterschiedlichen Niveaus, die andere, die alle Schüler in einer Klasse unterrichtet, aber eine gute Binnendifferenzierung machen kann, weil sie gut fortgebildete Lehrer hat. Die nächste Schule, die eine Praxisklasse anbietet, weil dort die Hauptschüler einen guten Bezug zu Unternehmen bekommen. Es wird auch in Hamburg nicht die eine Stadtteilschule geben.

An Hamburger Stadtteilschulen wird man das Abitur machen können. Eine Idee auch für Berlin?

Das wird auch die Diskussion zeigen. Wir haben ja jetzt auch Gesamtschulen mit und ohne gymnasiale Oberstufe. Es scheint nur so zu sein, dass der Weg, Schüler immer nach unten abzuschieben, nicht der richtige ist. Schüler und Eltern wollen Aufstiegschancen. Das muss auch mit der neuen Schulform möglich sein.