: Berlin schmeißt eine Runde
Zum ersten Mal seit der Wende wird das Land 2008 keine neuen Schulden aufnehmen. Davon profitieren die Unis
Der Regierende Bürgermeister wurde fast wehmütig. Hinter ihm lägen „die entspanntesten Haushaltsgespräche“ seit 1995. Damals war Klaus Wowereit noch SPD-Haushaltsexperte. Bei den jüngsten Verhandlungen habe es kaum Debatten über einzelne Etatposten gegeben. Kein Wunder: Rot-Rot kann für 2008 und 2009 einen ausgeglichenen Doppelhaushalt vorweisen. Im kommenden Jahr will das Land sogar 476 Millionen Euro mehr einnehmen, als es ausgibt. Den Überschuss wollen die Koalitionäre in die Schuldentilgung stecken. Doch nach Jahren des Sparens sollen auch Unis, Wissenschaft und öffentlicher Dienst wieder mehr Geld bekommen.
Dass Berlin bereits 2008 sein Etappenziel erreicht, hat mehrere Gründe. Da sind zum einen die jahrelangen Sparbemühungen der mit 61 Milliarden Euro verschuldeten Hauptstadt. Kräftig mitgeholfen haben die anziehende Konjunktur auf Bundes- und Landesebene und die Mehrwertsteuererhöhung. Den jüngsten Beitrag hat jedoch der Verkauf der Landesbank Berlin (LBB), der ehemaligen Bankgesellschaft, gegeben. Weil der Sparkassenverband auch die stille Einlage Berlins bei der LBB in Höhe von 723 Millionen Euro übernimmt, erhält das Land dieses Geld zurück. So wandelt sich ein geplantes Defizit von 200 bis 300 Millionen Euro im Jahr 2008 zu einem deutlichen Plus.
Weil das eine einmalige Einnahme ist, trat Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) gestern allen eventuell keimenden Hoffnungen auf mehr Geld entgegen: „Wir wissen nicht, welche Weltwirtschaftskrise uns in zwei Jahren ereilt.“ Der massive Stellenabbau im öffentlichen Dienst gehe weiter. Bis 2011 scheiden laut Sarrazin 18.300 Mitarbeiter aus. Gleichzeitig sollen jedoch zum ersten Mal seit Jahren wieder nennenswert Mitarbeiter eingestellt werden, bis 2011 sollen es 7.300 sein.
Den Hochschulen versprach Wowereit deutlich mehr Investitionen. Der Senat will weitere 1.000 Studienplätze finanzieren und dafür 10 Millionen Euro zahlen. Falls Freie und Humboldt-Universität als Sieger aus der letzten Runde der Exzellenzinitiative hervorgehen, sollen sie zusätzliche 18 Millionen Euro erhalten. Um Berlins Ruf als „Wissenschaftsstadt“ zu stärken, versprach der Regierungschef in den kommenden zwei Jahren je 35 Millionen Euro, 40 Millionen ab 2010. MATTHIAS LOHRE