: Strafmaßnahmen nach Anschlag
ISRAEL Die Regierung lässt das Haus eines Attentäters zerstören. Ministerpräsident Netanjahu kündigt härtere Strafen für Hetze an, warnt aber auch vor Selbstjustiz
AUS JERUSALEM SUSANNE KNAUL
Das erste Haus eines palästinensischen Attentäters in Ostjerusalem ist zerstört worden. Die Bulldozer kamen am Mittwoch früh nach Silwan, Wohnort von Abdel Rahman Schaludi, der vor vier Wochen ein Baby und eine Frau tötete, als er mit seinem Auto in die Menschenmenge an einer Stadtbahnhaltestelle raste.
Das Abreißen der Häuser der Familien von Attentätern ist die erste von Israels Abschreckungsmaßnahmen, nachdem am Dienstag fünf Menschen bei dem Anschlag in einer Synagoge getötet und die beiden Angreifer erschossen wurden. Regierungschef Benjamin Netanjahu kündigte das Verbot von Organisationen an, die zur Gewalt aufhetzen, sowie härtere Strafen und schärfere Kontrollen.
Fast zehn Jahre hatte Israel die Abschreckungsmethode Häuserabriss auf Eis gelegt, weil sie sich als wenig effektiv erwies. Im vergangenen Sommer kam die alte Praxis dann doch wieder zur Anwendung bei den Häusern der Palästinenser, die für die Entführung und den Mord an drei israelischen Religionsschülern verantwortlich gemacht werden.
Die Methode ist unverändert umstritten. Politiker und Sicherheitsapparat ziehen derzeit nicht durchgängig an einem Strang. So stieß auch die Idee des nationalreligiösen Wirtschaftsministers Naftali Bennett (Das jüdische Haus), in Jerusalem Soldaten zu stationieren, auf entschiedene Ablehnung der städtischen Polizei.
Ginge es nach Ajelet Schaked, Parteifreundin Bennetts, sollte Palästinensern, die sich der Hetze oder Gewalt schuldig gemacht haben, nicht nur die Staatsbürgerschaft, sondern auch die Aufenthaltsgenehmigung entzogen werden. Schnelle Lösungen sind gefragt, und Schuldige werden gesucht.
Netanjahu hatte rasch Sündenböcke zur Hand, als er die Hamas und Palästinenserpräsident Mahmud Abbas für den Anschlag vom Dienstag verantwortlich machte. Abbas hetze zur Gewalt auf, meinte Netanjahu. Doch der Chef des Inlandsgeheimdienstes Schin Bet korrigierte, Abbas sei an Terror keineswegs interessiert.
An einigen Straßen in Richtung Ostjerusalem stellten Polizisten Betonsperren auf, an den meisten blieb es gestern bei provisorischen Kontrollen. Die beiden Bevölkerungsgruppen leben in Jerusalem so eng miteinander verwoben, dass es für den Sicherheitsapparat trotz Aufstockung des Personalaufgebots kaum machbar sein wird, künftige Anschläge zu verhindern.
Jitzhak Aharonowitsch, Minister für Öffentliche Sicherheit, appellierte an die Bevölkerung, der Polizei zu helfen. Israelis sollen künftig auch leichter einen Waffenschein bekommen. Netanjahu warnte hingegen in einer Fernsehansprache vor Selbstjustiz und rief „die Bürger Israels“ dazu auf, „das Gesetz zu respektieren“. In der Nacht zu Mittwoch kam es bereits zu Übergriffen aufgebrachter Israelis gegen Palästinenser.
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