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Neonazi-Gelände droht der Bagger

HEISENHOF Nachdem eine letzte Frist verstrichen ist, will der Landkreis Verden den einst vom Neonazi-Anwalt Jürgen Rieger erworbenen Kasernenkomplex in Dörverden abreißen lassen

„Von einem neuen Investor ist uns nichts bekannt“

Rolf Thies, Landkreis Verden

Die Abrissbagger können kommen. In der Nacht zu Donnerstag lief die letzte Frist ab für den „Heisenhof“ im niedersächsischen Dörverden: Bis dahin hätte die „Wilhelm-Tietjen-Stiftung für Fertilisation Ltd.“ verhindern können, dass die Gebäude auf dem gut zweieinhalb Hektar großen Areal abgerissen werden. Damit würde die norddeutsche Neonazi-Szene einen wichtigen Anlaufpunkt verlieren.

Laut ihrem Direktor Holger Janßen will die in London ansässige Briefkasten-„Stiftung“ in den vergangenen Tagen noch mit Interessenten verhandelt haben. „Von einem neuen Investor ist uns nichts bekannt“, sagt dagegen Rolf Thies vom Landkreis Verden, „wir leiten jetzt alles für den Abriss ein.“

Im April hatte das Oberverwaltungsgericht Lüneburg eine Klage gegen die Abbruchverfügung abgewiesen. Nach fast fünf Jahren Rechtsstreits wurde der Weg frei für den Abriss des ungeliebten Komplexes.

2004 hatte der inzwischen verstorbene Szene-Anwalt und NPD-Bundesvize Jürgen Rieger das ehemalige Bundeswehrgelände mit mehreren Gebäuden, Bunkern und Schießanlage für 255.000 Euro ersteigert und der „Stiftung“ überlassen. Seither nutzen NPD und Kameraden das Anwesen, richteten Schulungen und Partys aus. Die Behörden suchten dem Treiben mit Nutzungs- und Bauauflagen Herr zu werden, auch die Zivilgesellschaft wurde aktiv.

„Wir schreiben den Auftrag nun aus“, sagt Thies: Den Abbruch müssten wegen der massiven Bauten Spezialfirmen durchführen, erklärt der stellvertretende Fachdienstleiter Bau des Landkreises. Zwar kann die „Stiftung“ immer noch einen Käufer präsentieren, aber dann müsste die Gemeinde über eine neue Nutzung entscheiden.

Die Abrisskosten von mindestens 250.000 Euro übernimmt der Landkreis. „Wir werden das Geld von der Stiftung einklagen“, sagt Thies. Einen Gerichtsstreit noch vor dem Abriss wolle man aber nicht anstrengen. „Das könnte Jahre dauern.“ AS

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