: Frischer Wind auf der Museumsinsel
Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz hat den neuen Entwurf für das Eingangsgebäude der Museumsinsel vorgestellt: eine luftige Mischung aus Mies van der Rohe und Stüler. Die Initiative „Rettet die Museumsinsel“ stemmt sich weiter dagegen
VON ROLF LAUTENSCHLÄGER
Der eine sprach von einem „visionären Entwurf“, die andere ärgerte sich über das „unbefriedigende Ergebnis“. Gestern präsentierte die Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) den Entwurf für die „James-Simon-Galerie“, den zentralen Eingang zur Museumsinsel, und es war selbstverständlich SPK-Präsident Klaus-Dieter Lehmann, der das filigrane Kolonnadenbauwerk des Londoner Architekten David Chipperfield über den grünen Klee lobte. Annette Ahme, Initiatorin des Volksbegehrens „Rettet die Museumsinsel“, das die moderne Bebauung des Unesco-Welterbes bekämpft, will dagegen weiter „aktiv gegen die Pläne“ opponieren, die ab 2009 für 76 Millionen Euro realisiert werden sollen.
Der Kampf um das derzeit umstrittenste Bauvorhaben Berlins geht also weiter. Verschwendete Energie, sollte man meinen. Denn angesichts des gestern vorgestellten, überarbeiteten Chipperfield-Entwurfs wäre neuer Zank zwischen der Stiftung und den nostalgischen Bürgern eigentlich überflüssig. Schließlich sind Chipperfield und die Stiftung, wie Lehmann betonte, den Vorstellungen ihrer Kritiker – weniger Volumen, keine Verstellung des Neuen Museums und Rücksichtnahme auf den Genius Loci – entgegengekommen. Zudem ist unstrittig, dass die Museumsinsel für die Besuchermassen einen neuen Haupteingang bitternötig hat.
Den hat der Architekt auf der Fläche vor dem Neuen Museum als Kolonnade gestaltet, die wie ein „lichter Tempel auf einem Sockel ruht“, wie Peter-Klaus Schuster, Direktor der Staatlichen Museen, schwärmte. „Im Stil der klassischen Moderne eines Mies van der Rohe“ säumen dünne Stäbe den Riegel mit Flachdach. Durch diese „offene Galerie“ – laut Chipperfield „Aussichts- und Empfangshalle“ – scheint das Neue Museum hindurch.
Hinter der hohen Kolonnade, die mit dem Pergamonmuseum verbunden ist, schließt sich ein zweiter schmaler Gebäuderiegel an, zu dem die breite Zugangstreppe wie auf eine Empore hinaufführt und der als zweiter Verteiler sowie als Shop- und Servicebereich dient. Von ihm führen Wege hinunter in das doppelstöckige Sockelgeschoss, wo Räume und Auditorien für Ausstellungen und Kongresse liegen. Von hier verbindet der Architekt die James-Simon-Galerie – benannt nach dem Stifter der Nofretete-Büste James Simon (1851–1932) – unterirdisch mit dem Alten Museum und der „Archäologischen Promenade“.
Das herausragende Merkmal des geplanten Gebäudes ist jedoch die Figur der filigranen Kolonnade. Sie dockt an den von Friedrich Karl Stüler (1800–1865) entworfenen Säulengang vor der Alten Nationalgalerie bis hinüber zum Neuen Museum in gleicher Höhe an. Der Entwurf von Chipperfield schließe den Bogen zwischen der Architektur Stülers und der Moderne, befand Peter-Klaus Schuster. „Das neue Gebäude bewahrt die Würde der Museumsinsel als Tempelstadt.“ Man hätte es auch etwas weniger pathetisch sagen können, etwa so: Chipperfields luftige Kolonnaden machen die Museumsinsel nicht kaputt.