Fracking auch in Schutzgebieten

UMWELT Gesetzentwurf für die umstrittene Erdgasfördertechnik sieht mehr Auflagen vor als bisher – aber weniger als zunächst geplant. Kommerzielle Förderung möglich

„Fracking wird nur unter schärfsten Auflagen möglich sein“

B. HENDRICKS, UMWELTMINISTERIN

VON MALTE KREUTZFELDT

BERLIN taz | Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) hat den Gesetzentwurf zur Regelung der umstrittenen Erdgasfördermethode Fracking verteidigt. Fracking werde künftig „nur noch unter schärfsten Auflagen“ möglich sein“, sagte Hendricks. Der Gesetzentwurf ist nach langen Auseinandersetzungen mit dem CDU-geführten Kanzleramt am Donnerstag zur Abstimmung an die anderen Ministerien geschickt worden. Im Vergleich zu den Eckpunkten, auf die sich Umwelt- und Wirtschaftsministerium bereits im Sommer geeinigt hatten, sind Einschränkungen darin aufgeweicht.

Beim Fracking wird mit Chemikalien und Sand versetztes Wasser mit hohem Druck in tiefe Gesteinsschichten gepresst, um das darin eingeschlossenes Erdgas freizusetzen. Kritiker befürchten eine Verunreinigung des Trinkwassers durch die Frackingflüssigkeit oder das bei der Gasförderung freigesetzte Lagerstättenwasser, das meist mit Schadstoffen belastet ist.

Konventionelles Fracking, bei dem Gas aus meist in großer Tiefe liegenden Sandsteinschichten gelöst wird, wurde vor allem in Niedersachsen bereits in der Vergangenheit eingesetzt. Diese Technik soll außerhalb von Naturschutz- und Trinkwasserschutzgebieten erlaubt bleiben. In sogenannten Natura-2000-Gebieten, die nach der europäischen Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH) geschützt sind, kann diese Art von Fracking – anders als zunächst geplant – genehmigt werden. Immer ist künftig eine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich. Zudem darf die verwendete Flüssigkeit allenfalls schwach wassergefährdend sein.

Das stärker umstrittene unkonventionelle Fracking, bei dem Gas aus höher gelegenen Schiefer- und Kohleflözgesteinen gelöst wird, sollte oberhalb von 3.000 Metern Tiefe zunächst gar nicht kommerziell erlaubt sein. Wie berichtet (taz von Montag) wird auch dieses Verbot aufgeweicht, bestätigte das Umweltministerium: Unternehmen können außerhalb von Schutzgebieten zunächst Probebohrungen beantragen. Deren Ergebnisse sollen von einer sechsköpfigen Expertenkommission ausgewertet werden, in der Wissenschaftler aus Landes- und Bundesbehörden sowie drei Forschungsinstituten sitzen. Hält die Kommission die Förderung in der betroffenen geologischen Formation mehrheitlich für unbedenklich und stuft das Umweltbundesamt die verwendete Frackingflüssigkeit als nicht wassergefährdend ein, können die zuständigen Landesbehörden die kommerzielle Förderung genehmigen. Eine Pflicht zur Genehmigung bestehe nicht, betonte das Umweltministerium.

Die Bundesregierung sei vor internationalen Energiekonzernen eingeknickt und habe „den nationalen Konsens gegen den Einsatz von Fracking in Deutschland einseitig aufgekündigt“, sagte Nordrhein-Westfalens Umweltminister Johannes Remmel (Grüne). Mit dem Gesetzentwurf werde der Einsatz der Risikotechnologie bundesweit auf 80 bis 90 Prozent der Flächen ermöglicht.