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Archiv-Artikel

Wachdienste um jeden Preis

Der Ruf nach privatem Schutzpersonal vor Neuköllner Schulen findet Resonanz: 17 von 24 Oberschulen wollen Hilfe, sagt Bürgermeister Heinz Buschkowsky. Wenn nötig, zahle auch der Bezirk

VON VEIT MEDICK

Neuköllns Bürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD) ist „finster entschlossen“, Schulen zum Schutz vor Gewalt ab September privates Wachpersonal zur Verfügung zu stellen. „Der Schritt ist unausweichlich. Wir können sonst den Schutz und die Sicherheit der Kinder nicht mehr garantieren“, sagte Buschkowsky gestern. Das Geld wolle er beim Senat eintreiben, im Zweifel würde er aber auch auf den Bezirkshaushalt zurückgreifen.

Vor Dutzenden Journalisten zeichneten Buschkowsky und sein Schulstadtrat Wolfgang Schimmang (SPD) ein dramatisches Bild der Lage in Neukölln. Beide betonten, der Bezirk könne der Gewalt, die in zunehmendem Maße von außen in die Schulen getragen werde, nicht mehr Herr werden. In den vergangenen zwei Jahren sei es zu 53 schwerwiegenden Gewaltvorfällen an den 76 Neuköllner Schulen gekommen. Körperverletzung und Diebstahl seien an vielen Schulen an der Tagesordnung. „Unsere Lehrer sind es nicht gewohnt, dass sie sich zusammenschlagen lassen müssen“, sagte Schimmang. „Wir müssen das aufhalten.“

Ab September sollen Schulen jetzt zum Schutz vor Eindringlingen einen Antrag auf privaten Wachschutz stellen können. Dies habe das Bezirksamt einstimmig beschlossen, sagte Buschkowsky. In einer Umfrage der Bezirksverwaltung hätten 17 von 24 Oberschulen angegeben, eine solche Hilfestellung zu benötigen.

Voraussetzung für den Wachschutzeinsatz sei in jedem Fall die Zustimmung der entsprechenden Schulkonferenz. Nach dem Willen des SPD-Politikers müsse das Personal „eindeutig erkennbar“ sein und über Funkkontakt verfügen. Eine Bewaffnung komme allerdings nicht in Frage. Schimmang betonte, man wolle „keine unüberwindbaren Trutzburgen“ oder „amerikanischen Festungen“ bauen.

Zur Höhe der Kosten wollte sich Buschkowsky nicht äußern. Nach taz-Informationen müsste ein niedriger siebenstelliger Betrag aufgebracht werden. Buschkowsky sieht hier den Senat in der Pflicht. Er werde in die Haushaltsverhandlungen „natürlich die besondere Bedarfslage“ des Bezirks einbringen. „Sozial segregierte Gebiete muss man schließlich speziell ausstatten“, sagte er. Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) kritisierte jedoch bereits den Privatschutz-Vorschlag. „Probleme an Schulen kann man nicht durch einen Wachdienst lösen.“

Für den Fall, dass die Landesgelder ausbleiben, plant Buschkowsky offenbar, das Schutzpersonal aus dem Bezirkshaushalt zu bezahlen. Die Finanzlage in Neukölln sei sehr angespannt, Kürzungen in bestimmten Bereichen zugunsten der Wachdienste dann unvermeidlich. „Da muss man halt Prioritäten setzen“, sagte er. Auch Schimmang erklärte, Neukölln müsse Opfer bringen, wenn der Senat nicht aushelfe. Das sei auch den Bezirksamtsvertretern klar. „Die wissen genau, worauf sie sich eingelassen haben“, sagte der Schulstadtrat. Er wolle aber verhindern, dass beispielsweise Bibliotheken schließen oder Hausmeisterdienste privatisiert werden müssten.