CO2-Injektion ist kein Geschäftsmodell

Kann man Kohlendioxid in Ölfelder pumpen, um damit Restöl zu fördern? Technisch ja, glaubt Norwegen, das damit seine Klimabilanz aufbessern will. Aber jetzt sind ihm die Partner abgesprungen. Den Ölkonzernen wird es zu teuer

STOCKHOLM taz ■ Die Idee klang charmant: Das klimaschädliche Kohlendioxid aus den Verbrennungsgasen von Kraftwerken wird abgesondert und über Rohrleitungen in Ölkavernen unter den Meeresgrund geleitet. Dort sollte es dann nicht nur lagern, sondern auch Ölreste an die Oberfläche drücken. Das Modell stammt aus Norwegen, das damit seine zukünftige Energieversorgung sichern wollte, ohne die Klimabilanz zu belasten. Aber jetzt sind dem Land die Partner abgesprungen. Die Ölkonzerne Shell und Statoil machen nicht mehr mit. Technisch sei das Modell zwar möglicherweise realisierbar, finanziell aber ein „Fass ohne Boden“.

Dabei waren Shell und Statoil anfangs besonders begeistert von der Idee. Über eineinhalb Jahre setzten sie 90 Experten an die Entwicklung und investierten 60 Millionen Euro. Das Ergebnis fiel anders aus als erhofft: Für die geplante CO2-Injektion in den Meeresgrund müssten die bestehenden Ölförderanlagen ein Jahr stillgelegt und vollständig umgebaut werden. Dem stände allenfalls eine zusätzliche Fördermenge von 2 Prozent gegenüber.

„Ich bin enttäuscht“, sagte Norwegens Öl- und Energieminister Odd Roger Enoksen. Seine Kalkulation für den Bau eines Prototyps für ein Gaskraftwerk im mittelnorwegischen Tjeldbergodden geht nun nicht mehr auf. Mit diesem sollte die teure und energieaufwendige Abtrennung von Kohlendioxid großtechnisch getestet werden. Enoksen hatte gehofft, das abgetrennte CO2 als „Wertstoff“ an die Ölindustrie verkaufen zu können. Nun will die das Gas nicht mal geschenkt.

Auch die Umweltorganisation Bellona hatte die CO2-Deponierung zumindest als „Übergangslösung bis zu einer effektiveren Lösung des Klimagasproblems“ befürwortet – als einziger namhafter Ökoverband. Sie will die Idee noch nicht aufgeben. Auch wenn aus dem Problemgas nun kein Wertstoff werde, sagte Klimaexperte Aage Stangeland, bleibe doch die Möglichkeit, das Treibhausgas in leere Kavernen unter dem Meeresboden zu entsorgen.

Ohne das Versprechen auf kommerziellen Erfolg wird sich allerdings kein Investor finden, der sich ohne kräftige staatliche Subventionen auf den Bau eines derartigen Kraftwerks einlassen würde. Und welche Konsequenzen Oslo aus dem Rückschlag zieht, ist noch unklar. Die rot-grüne Regierung von Jens Stoltenberg hatte die CO2-Deponierung zu einem Kern ihrer Klimapolitik gemacht.

Erst in der letzten Woche war die Meeresumweltkonvention für den Nordatlantik (Ospar) bei einer Tagung im belgischen Ostende auf norwegische Initiative hin dahingehend geändert worden, dass die bislang verbotene CO2-Deponierung nun grundsätzlich möglich ist. Bedingung: Es darf kein Risiko für die Meeresumwelt entstehen.

Doch auch darüber gehen die Meinungen – und Erfahrungen – auseinander. Beim bisher einzigen umfassenden Versuch einer CO2-Lagerung in leeren Ölkavernen im Golf von Texas hat sich herausgestellt, dass das saure CO2 die Wände der unterirdischen Reservoirs schon nach wenigen Jahren angreift und porös werden lässt. REINHARD WOLFF