: „Wir wollen eigentlich keinen Streik“
Lokführer Sven Blühdorn kämpft für bessere Arbeitsbedingungen und mehr Geld. Transnet vertraut er nicht mehr
taz: Herr Blühdorn, warum machen Sie bei den Streiks mit?
Sven Blühdorn: Seit 1994 bin ich in der jetzigen Gehaltstabelle, in der letzten – mit 37 Jahren. Ich verdiene 2.100 Euro brutto – das halte ich für viel zu niedrig. Wir haben in den letzten Jahren nur sehr magere Tariferhöhungen bekommen. Die extremen Belastungen unserer Arbeit sind damit nicht abgegolten: Dienste bis zu vierzehn Stunden, Dienstbeginn zu jeder Tages- und Nachtzeit. Privatleben kann da kaum noch stattfinden.
Wie lange soll gestreikt werden?
Wir wollen ja eigentlich keinen Streik. So etwas ist das letzte Mittel – und so unangenehm das auch ist –, aber die Bahn weigert sich, über einen eigenständigen Tarifvertrag zu verhandeln. Die Gewerkschaft hat sich über die Streikdauer sicher Gedanken gemacht, zu uns ist das aber nicht durchgedrungen.
Wo soll denn gestreikt werden?
Man muss davon ausgehen, dass alles stillsteht. Man braucht nur an das System Eisenbahn zu denken: Wenn irgendwo ein paar Züge stehen, steht schnell alles. Das ist wie auf der Autobahn: Vorne wird ein bisschen gebremst – und hinten staut es.
Ihre Gewerkschaft hat sich aber noch nicht einmal an den Verhandlungstisch gesetzt.
Ja, weil die Bahn nicht über unseren geplanten eigenständigen Tarfifvertrag für das Fahrpersonal verhandeln möchte. Worüber sollen wir denn verhandeln?
Es kommt Kritik aus den eigenen Reihen – will sich die GDL Extrawürste aushandeln?
Nein, keine Extrawürste. Ich habe das nun Jahre lang miterlebt, dass wir von der Transnet nichts zu erwarten haben. Es gab viele Dinge, zum Beispiel Arbeitszeitverschlechterungen, wo wir gesagt haben: Wir fühlen uns nicht vertreten. Die Transnet hat Regelungen durchgehen lassen, die nicht im Interesse der Kollegen sind.
Welche zum Beispiel?
Dem Speisewagenpersonal steht eigentlich nach sechs Stunden eine Arbeitsschutzpause zu. Doch nun muss nach Aussage der Kollegen bis zu acht Stunden gearbeitet werden. Als ich nun den Entwurf unseres Tarifvertrags gesehen haben, habe ich zum ersten Mal gefühlt: Das ist eine runde Sache.
INTERVIEW: CHRISTINE ZEINER