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Archiv-Artikel

Discomeile: Anwalt verlangt neue Richter

Befangenheit wegen der Haltung im vorangegangenen Verfahren wirft der Verteidiger dem Gericht vor

Von eib

Mit einem Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden Richter und den Beisitzer begann gestern die Neuaufnahme des Prozesses gegen den 25-jährigen Gjete L., der am 6. Januar an einer Schießerei auf der Discomeile beteiligt gewesen sein soll. Einer der drei Verteidiger warf den Richtern vor, aus dem ersten Verfahren, das kurz vor seinem Ende aufgrund von Krankheitsfällen wiederholt werden musste, voreingenommen herausgegangen zu sein. Der Vorsitzende Richter Klaus-Dieter Schromek wies dies zurück. Auch der Staatsanwalt und der Anwalt des Nebenklägers, der bei der Schießerei verletzt worden war, hielten den Antrag für unbegründet. Letzterer, der Rechtsanwalt Reinhard Engel, bezeichnete das Vorgehen seiner Kollegen als „unredlich“. Und: „Alle hier wissen, dass die Beweisaufnahme dasselbe Ergebnis haben wird wie im ersten Verfahren.“ Der Angeklagte hoffe wohl, „dass die Zeugen sich jetzt nicht mehr erinnern können“. Damit spielte er darauf an, dass zwei Männer, die an der Seite von L. geschossen haben sollen, wieder auf freiem Fuß sind und versuchten, Druck auf Zeugen auszuüben.

Die Bewertung der bisherigen Zeugenaussagen fiel sehr unterschiedlich aus: Während das Gericht davon ausging, dass der Angeklagte die Schießerei gestartet hatte, hielten Staatsanwaltschaft und Verteidigung diese Frage aufgrund widersprüchlicher Schilderungen für ungeklärt. Die Verteidigerin des Angeklagten forderte ein neues Gutachten darüber, ob ihr Mandant möglicherweise in Notwehr und im Affekt gehandelt hatte. Eine Gefängnisstrafe von fünf Jahren sei in diesem Fall angemessen. Das Gericht hatte einen Strafrahmen von höchstens zehn Jahren in Aussicht gestellt – ein Geständnis des Angeklagten vorausgesetzt. Weil Gjete L. dieses im letzten Moment doch nicht abgelegt hatte, wurde das Verfahren am 11. Juni ausgesetzt – und eine Wiederholung unumgänglich.

Bei der Schießerei waren mehrere Menschen verletzt worden, darunter der Angeklagte und ein Unbeteiligter. L. soll mindestens zehn Mal geschossen haben, den Tod von Menschen in Kauf nehmend. eib