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Archiv-Artikel

An einem Tag im September

DRAMA Das Attentat während der Olympischen Spiele 1972 in München erschütterte die ganze Welt. Nun dreht das ZDF den ersten deutschen Film über den Terroranschlag

VON CHRISTOPH GURK

Ein fröhliches Sportfest sollte es werden, dann geschah die Katastrophe. Am 5. September 1972 drang ein palästinensisches Terrorkommando auf das Olympia-Gelände in München ein und nahm 11 israelische Sportler als Geiseln. 21 Stunden später waren sie tot, zusammen mit fünf Terroristen und einem Polizisten, gestorben bei einem missglückten Befreiungsversuch.

Ein halbes Dutzend Dokumentationen gibt es über die Tragödie, der erste Spielfilm kam 1976 in die Kinos, der letzte – „München“, gedreht von Steven Spielberg – 2005. Kaum Platz für noch einen Streifen über das Thema, könnte man meinen, dennoch dreht das ZDF gerade mit der Produktionsfirma TeamWorx an einem Fernsehfilm: Der Sendetermin ist noch unklar, der Arbeitstitel steht aber schon fest: „München ’72“.

Heino Ferch spielt darin, Rainer Bock und auch Benjamin Sadler, vor allem aber geht es um die Geschichte einer jungen Polizistin, Anna Gerbers, gespielt von Bernadette Heerwagen. Als Ordnerin darf sie bei den Spielen arbeiten, dort lernt sie den Hubschrauberpiloten Michael Bruckner (Felix Klare) kennen und – man ahnt es schon – da bahnt sich etwas an.

Oh je. Eine Romanze vor dem Hintergrund der Olympia-Tragödie? Nicht ganz. Denn „München ’72“ fällt in das Trendgenre „Doku-Fiktion“, das heißt: viel Reales, und wo das nicht mehr reicht, um den Zuschauer zu fesseln, rührt man ein bisschen Fiktives mit in den Topf.

In „München ’72“ wird die junge Polizistin Gerbers also bald von der Realität eingeholt: Als die Geiselnehmer nach einer Ansprechperson verlangen, stellt sie sich mutig zur Verfügung. Das war auch 1972 so, nur hieß die Beamtin damals Anneliese Graes. Heute würde sie vom Boulevard zur Heldin verklärt werden – damals dominierten andere die Medien, Graes verschwand in der Versenkung.

„München ’72“ wird daran wenig ändern. Martin Rauhaus, der das Drehbuch geschrieben hat, sagt zwar: „Es war schnell klar, dass Graes die Vorlage für unsere Hauptperson wird“ – allerdings mit anderem Namen und erfundener Liebesgeschichte. „Sie ist ein Angelpunkt, um in die Geschichte zu kommen“, meint Nico Hofmann, der Produzent des Films – anders gesagt: Die fiktive Würze, die man in die Realität gerührt hat.

Bleibt die Frage, ob das reicht, schließlich gab es ja bereits Dokus und auch den Spielberg-Film „München“. Martin Rauhaus reagiert auf diese Frage etwas entnervt: „Der heißt ja nur ‚München‘, nur die ersten acht Minuten sind die Ereignisse von München, der Rest ist die Jagd des Mossads auf die Attentäter.“

Und noch einen Unterschied gibt es. „Wir wollen die deutsche Sicht auf die Ereignisse wiedergeben“, sagt die Produzentin Ariane Krampe. Dass man sich mit Dror Zahavi dafür einen israelischen Regisseur geholt hat, ist kein Hindernis, denn die „deutsche Sicht“, das soll vor allem auch der Blick auf die Missstände sein, die zu der Tragödie geführt haben: das mangelhafte Sicherheitskonzept und die Überforderung der Polizei.

Und so soll das Geiseldrama auch als einschneidendes Stück deutscher Geschichte dargestellt werden: Anna Gerbers, die junge Polizistin, und Michael Bruckner, der Hubschrauberpilot, werden nach den Spielen in eine neue Spezialtruppe aufgenommen – die GSG 9. Fünf Jahre später werden sie in Mogadischu die Passagiere der entführten „Landshut“ befreien. Hier schließt sich der Kreis, denn diesen Film gibt es schon. Ebenfalls produziert von Nico Hofmann, und ebenfalls eine Doku-Fiktion.