Rot-schwarzer Asyl-Konsens

FLÜCHTLINGE Niedersachsen eröffnet eine vierte Erstaufnahme in Osnabrück. Vor Ort sind die Christdemokraten einverstanden – und motzen auf Landesebene

Weil mehr Menschen aus Krisenregionen wie etwa Syrien in Niedersachsen Schutz suchen, will das Land in Osnabrück eine vierte Erstaufnahmeeinrichtung eröffnen. Im einstigen Bundeswehrkrankenhaus Natruper Holz sollen noch vor Weihnachten Flüchtlinge eine Unterkunft finden. Dort könnten bis zu 600 Menschen untergebracht werden, sagte Landesinnenminister Boris Pistorius (SPD) am Donnerstag in Hannover.

Angesichts der wachsenden Unsicherheit weltweit ist die Zahl der Schutzsuchenden auch in Niedersachsen in den vergangenen Monaten gestiegen: Stellten in den ersten zehn Monaten des Jahres 2013 noch 8.165 Flüchtlinge einen Erstantrag auf Asyl, waren es im gleichen Zeitraum diesen Jahres 12.746. Die drei bisher bestehenden Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes in Braunschweig, Friedland und Bramsche sind daher um bis zu 70 Prozent überbelegt. In Niedersachsen gebe es einen „breiten und stabilen Konsens, Menschen, die Hilfe und Zuflucht suchen, diese auch zu gewähren“, sagte Minister Pistorius.

Auch Osnabrücks Oberbürgermeister Wolfgang Griesert (CDU) sieht die Erstaufnahmeeinrichtung als Gewinn: Die ehemalige Klinik ist in städtischem Besitz und stand seit einem Monat leer – jetzt zahlt das Land jährlich 800.000 Euro Miete für die Liegenschaft.

Außerdem werde der Wohnungsmarkt entlastet: Die 600 Menschen in der Erstaufnahmeeinrichtung werden auf die Zahl der Flüchtlinge angerechnet, die Osnabrück nach einem landesweiten Schlüssel aufnehmen soll. „In unserer Stadt leben mehr als 25.000 Studierende“, sagte Griesert, die Suche nach Wohnraum sei „schwierig“.

Die Alternative zu der Erstaufnahmeeinrichtung wäre „eine Unterbringung in Containern und Zelten“, sagte der Verwaltungschef. Alle Ratsfraktionen hätten bereits ihre Zustimmung signalisiert, eine formale Entscheidung des Kommunalparlaments steht noch aus.

Auch Innenminister Pistorius, der aus Osnabrück stammt und dort Oberbürgermeister war, lobte die die Willkommenskultur in der Stadt. Dazu zählten „auch jene, die sich mit friedlichen Mitteln Abschiebungen widersetzen“. In den vergangenen Monaten hatten AktivistInnen Wohnungen blockiert, um Flüchtlinge zu schützen.

Auf Landesebene versucht die CDU dagegen, den parteiübergreifenden Konsens zu torpedieren: Die Zusammenarbeit des roten Ministers und des schwarzen Bürgermeisters habe „ein Geschmäckle“, urteilt die CDU-Innenpolitikerin Angelika Jahns – schließlich werde Osnabrück „finanziell spürbar entlastet“.  WYP