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Archiv-Artikel

„Ein eklatanter Rechtsbruch“

DIE DREI FRAGEZEICHEN

WAS? Das Land Berlin lehnt wegen einer Masernepidemie in Erstaufnahmeeinrichtungen die Aufnahme neuer Flüchtlinge ab. Laut Flüchtlingsrat landen sie ohne Hilfe auf der Straße.

1taz: Frau Mauer, wie kommen Sie darauf, dass eine Behörde Asylsuchende einfach in die Obdachlosigkeit schickt?

Martina Mauer: Beratungsstellen, ehrenamtliche Helfer, aber auch Betroffene selbst berichten uns, dass sie die Nächte auf Bahnhöfen verbringen müssen.

2 Aber Berlins Sozialsenator Mario Czaja (CDU) sagt, das stimme nicht, die Flüchtlinge bekämen Hostelgutscheine.

Die Personalrätin der zuständigen Behörde hat im Berliner Abgeordnetenhaus bestätigt, dass Flüchtlinge auf die Straße gesetzt werden. Übrigens sind Hostelgutscheine für Menschen ohne Sprach- und Ortskenntnisse keine Lösung. Und viele Hostels akzeptieren die Gutscheine nicht.

3 Wenn das tatsächlich so ist: Auf welcher rechtlichen Grundlage handelt die Behörde?

Auf keiner. Das ist ein eklatanter Verstoß sowohl gegen das deutsche Asylverfahrensgesetz wie auch gegen europäisches Asylrecht. Es besteht die gesetzliche Pflicht, diese Menschen aufzunehmen und unterzubringen. Offensichtlich schiebt der Senator die Masern vor, die nach unseren Informationen nur in zwei der Flüchtlingsheimen tatsächlich existieren, um von seinem Versagen bei der Erfüllung seiner gesetzlichen Pflichten abzulenken.

INTERVIEW: ALKE WIERTH

Martina Mauer ist Sprecherin des Berliner Flüchtlingsrates