Das Dinosaurierquartett des Kalten Krieges

Die Bundesregierung will die Zivilschutzbunker in Westdeutschland aufgeben. In Bremen wurde bereits der TÜV eingestellt. Ohnehin wäre nur ein kleiner Teil der Bevölkerung darin untergekommen. Für die teils auffälligen und geschichtsträchtigen Bauten sollen Käufer gefunden werden

Als tote Häuser mit Lüftungsschlitzen statt Fenster bilden die Bunker ungewollte Mahnmale des Krieges

von GERNOT KNÖDLER

Die Zeit der Bunker ist vorbei. Das denkt zumindest die Bundesregierung und möchte die Zivilschutzbauten stilllegen. „Die bundeseigenen Bunkeranlagen werden entwidmet und über die Bundesanstalt für Immobilienanlagen verkauft“, kündigte Ursula Fuchs, die Sprecherin des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK), an. Die für den Zweiten Weltkrieg und den Kalten Krieg konzipierten Anlagen böten keinen Schutz gegen die heutigen Bedrohungen. In Hamburg und Bremen dürfte damit eine Reihe prominenter Bauten unter den Hammer kommen. Denn in den beiden Großstädten gibt es besonders viele Hochbunker.

In vielen Straßenzeilen finden sich solche als Wohngebäude getarnten Betonklötze. Als tote Häuser mit Lüftungsschlitzen statt Fenstern bilden sie ungewollte Mahnmale des Krieges. Während ein Teil von ihnen schon seit langer Zeit von Möbelhändlern genutzt oder sogar bewohnt wird, werden andere nach wie vor als Luftschutzbauten vorgehalten. Dazu kommen Tiefbunker aus dem Zweiten Weltkrieg, aber auch Tiefgaragen und U-Bahnstationen, die in der Zeit des Kalten Krieges als Luftschutzbunker hergerichtet wurden.

Durch die Stilllegung der Bunker will der Bund die Unterhaltskosten sparen, für die er zum größten Teil aufkommt. Rund 600.000 Euro im Jahr hat er für die Pflege der Hamburger Bunker überwiesen; in Bremen sind es 500.000 Euro jährlich. Für das Geld konnte aber nur ein Bruchteil der Bevölkerung geschützt werden: In Hamburg gibt es 74 Bunker für 88.000 von 1,74 Millionen Menschen. Den 660.000 BremerInnen stehen 104.000 Plätze zur Verfügung – ein Spitzenwert, denn das platte Land ist viel schlechter dran. Im Bundesdurchschnitt gebe es nur für zwei bis drei Prozent der Bevölkerung Schutzplätze, sagt Joachim Marks, der in Bremen für die Zivilschutzbunker zuständig ist.

Das Schicksal derer, die dort Platz finden könnten, wäre im Fall eines modernen Krieges nicht unbedingt zu bevorzugen. Nur knapp 29.000 der Bremer Plätze bieten Schutz vor atomaren, biologischen und chemischen Waffen. 14 Tage lang könnten die Menschen dort aushalten. Dann müssten sie wohl oder übel hinaus in den verseuchten Rest ihrer Stadt. Weitere 26.000 Plätze in Bremen bieten zehn Stunden lang Schutz vor Rauch. Die Übrigen seien Betonunterstände mit Gittertüren, die lediglich Schutz vor herabfallenden Trümmern böten, sagt Marks. Letztere seien bereits entwidmet worden.

Rainer Gausepohl, der Sprecher der Bremer Innenbehörde, weist darauf hin, dass bislang keine endgültige Entscheidung gefallen sei, die Bunker aufzugeben. „Mit Blick darauf ist aber schon seit Ende vergangenen Jahres kein TÜV mehr gemacht worden“, sagt Gausepohl. Die Bunker, deren Überprüfung angestanden habe, seien insofern als „bedingt betriebsbereit“ einzustufen.

Die Stilllegung, möglicherweise auch der Abriss einiger Bunker, stößt bei Michael Grube vom Verein Hamburger Unterwelten auf verhaltene Skepsis. „Sie sind ein Teil der Geschichte“, sagt er. Seiner Ansicht nach sollten die Bunker bei überschaubaren Kosten erhalten bleiben. „Keiner weiß, wofür man die mal brauchen könnte“, findet er.

Zuletzt seien sie bei der Schneekatastrophe im Münsterland geöffnet worden, wo vor einigen Jahren Strommasten unter der Last einknickten, sagt Marks. Auch bei der Fußballweltmeisterschaft im vergangenen Jahr sei in Hannover ein Bunker als Notunterkunft geöffnet worden.

Grubes Verein „Unterwelten“ ist bereits in der musealen Zukunft der Anlagen aktiv. Er veranstaltet alle zwei Wochen Führungen durch Hamburgs größten Tiefbunker am Steintorwall direkt am Hauptbahnhof. Die Nächsten finden am 21. Juli um 14 und 16.30 Uhr statt.

Bunker Habichtstraße

Typ:

Hochbunker

Plätze:

1.654

Baujahr:

fertig 1942

Bunker Reeperbahn

Typ:

Mehrzweckanlage

Plätze:

5.000

Baujahr:

vor 1943

Bunker Arnoldstraße

Typ:

Hochbunker

Plätze:

1.701

Baujahr:

nach 1940

Bunker Bramfelder Straße 96

Typ:

Hochbunker

Plätze:

1.650

Baujahr:

1941 -1943

Tiefbunker Hachmannplatz

Typ:

Tiefbunker

Plätze:

1.447

Baujahr:

1940/41

Bunker Hauptbahnhof

Typ:

Tiefbunker

Plätze:

2.702

Baujahr:

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