: Grottian rebelliert gegen Blinde
Heute tagt das Abgeordnetenhaus über den Verkauf der Landesbank. Die Initiative Bankenskandal kündigt Protest gegen „blindes Abnicken des Geheimvertrags“ an
Das Abgeordnetenhaus tagt heute um 18 Uhr in einer nicht-öffentlichen Sondersitzung. Einziger Punkt der Tagesordnung: die „Veräußerung der Aktien des Landes Berlin an der Berlin Holding AG“. Die Initiative Berliner Bankenskandal hat gegen das „parlamentarische Abnicken eines Geheimvertrags“ Proteste angekündigt und ruft „zur konstruktiven Belästigung blinder Abgeordneter“ auf.
Mitte Juni war der Verkauf der Landesbank Berlin Holding AG (LBB) für rund 5,3 Milliarden Euro an den Deutschen Sparkassen- und Giroverband vereinbart worden (DSGV). Für diese Summe will das Land dem DSGV seine Anteile von 81 Prozent an der LBB überschreiben. Noch in diesem Jahr muss Berlin sein Aktienpaket nach Vorgabe der EU-Komission meistbietend verkaufen. Unter dieser Bedingung hatte Brüssel im Jahr 2001 dem Land eine milliardenschwere Kapitalspritze zur Rettung der Bank genehmigt. Der Verkaufserlös soll im Rahmen des Nachtragshaushaltes zur Absicherung der verbliebenen Risiken aus den Immobiliengeschäften der LBB dienen. Dieses Vorhaben lehnt die CDU-Fraktion ab und will einen eigenen Gesetzesentwurf zur Errichtung eines Sondervermögens einbringen.
Die Initiative Berliner Bankenskandal wolle am Donnerstag die Parlamentarier an den Eingängen zum Sitzungssaal abfangen und sie zur Rede stellen, „um die Abgeordneten an ihr Selbstverständnis als Parlamentarier zu erinnern“, erläutert ihr Sprecher Peter Grottian. „Mir scheint, der Senat hat nichts aus dem Bankenskandal gelernt“, sagt Grottian. Er beurteilt das Vorgehen des Senats als „krass ademokratisch“. Den Abgeordneten wäre nicht die notwendige Zeit eingeräumt worden, um den Vertrag prüfen zu lassen, sie würden „blind“ abstimmen müssen, so der emeritierte Professor der Freien Universität. Grottian kritisiert außerdem den Ausschluss der Öffentlichkeit und fordert, dass der Verkaufsvertrag „öffentlich und für alle einsichtig“ gemacht werde.
Der wirtschaftspolitische Sprecher der Grünen, Jochen Esser, widerspricht den Vorwürfen: „Von einem Geheimvertrag kann nicht die Rede sein.“ Allen Abgeordneten hätte der Vertrag vorgelegen, allein die Grünen-Fraktion habe rund 50 Anfragen an den Senat formuliert, erklärt er. Außerdem würden die Grünen beantragen, die Sitzung für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Esser geht nach einem Meinungsbild zu Beginn der Woche davon aus, dass „eine Mehrheit der Fraktion“ dem Vertrag zustimmen werde. CATALIN GAGIU